Die Umbauarbeiten im Deutsche-Bank-Konzern beschäftigen Mitarbeiter und Führungsspitze auch in diesem Jahr. Foto: picture alliance/dpa/Boris Roessler

Der Konzernumbau drückt das Geldhaus tief in die roten Zahlen. Vorstandschef Christian Sewing sieht sich dennoch auf dem richtigen Weg. Auch an der Börse wird das Ergebnis positiv aufgenommen.

Frankfurt - Wohl selten ist ein Milliardenverlust so gelassen präsentiert worden wie am Donnerstag bei der Deutschen Bank. Trotz der tiefroten Zahlen „erleben Sie mich heute sehr zuversichtlich“, erklärte Bankchef Christian Sewing auf der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt. Denn das Minus von über fünf Milliarden Euro sei ausschließlich auf die hohen Kosten für den Umbau der Bank zurückzuführen. Das eigentliche Geschäft sei 2019 sehr ordentlich gelaufen.

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„Wir sind auf einem guten Weg, die Strategie greift!“, erklärte der 49-Jährige. An der Börse kam diese Botschaft gut an: Die Deutsche-Bank-Aktie legte gegen den Trend zu und setzte sich an die Spitze des Deutschen Aktienindex (Dax). Denn nach Aussagen Sewings hat die Deutsche Bank das Schlimmste hinter sich: 70 Prozent der erwarteten Kosten für den Konzernumbau seien bereits verbucht.

Zwar werde auch das laufende Jahr noch „von dieser Umstrukturierung betroffen“ sein, erklärte der Konzernchef. Mit 2,4 Milliarden Euro werden die bis 2022 noch anfallenden Umbaukosten nach Einschätzung der Bank aber nur halb so hoch sein wie der Brocken, der 2019 verbucht wurde.

Neuerliche Filialschließungen sind nicht ausgeschlossen

Sewing hatte im Juli vergangenen Jahres tiefe Einschnitte beim Investmentbanking und den Abbau von 18 000 Stellen bis Ende 2022 angekündigt. Über 4000 Mitarbeiter haben die Bank seither verlassen, in Vollzeitstellen umgerechnet schrumpfte die Belegschaft bis Ende 2019 auf 87 597 weltweit.

Wie sich der weitere Stellenabbau verteilen wird, wollte Sewing nicht sagen. Zum Jahreswechsel gab es in Deutschland noch 40 491 Vollzeitstellen. Neuerliche Filialschließungen schloss der Bankchef nicht aus, fügte aber hinzu: „Wir sind der Meinung, dass die persönliche Beratung sehr wichtig ist, und werden da die richtige Balance treffen.“

Als richtige Balance verteidigte Sewing auch die bevorstehenden Bonuszahlungen an sich und seine Vorstandskollegen. Man verzichte vor dem Hintergrund der radikalen Transformation auf einen Teil der Leistungsprämien, die sich gemäß dem hauseigenen Vergütungssystem ergeben hätten. Dass die Vorstände im Angesicht des Milliardenverlusts überhaupt Boni beziehen, begründete Sewing damit, dass alle für 2019 angestrebten Kostenziele erreicht worden seien. Die Bank müsse bei der Vergütung „attraktiv bleiben“, dies gelte auch für den Vorstand.

Investmentbank wichtig für Gesamtbank

Wie viel Geld die einzelnen Manager erhalten, ist noch nicht bekannt. Der Bonuspool für den gesamten Vorstand soll aber von rund 26 Millionen Euro im Vorjahr auf 13 Millionen Euro sinken. Sewing hat in den vergangenen Monaten mehrere Vorstandsposten neu besetzt. Erst zum Jahreswechsel zogen der neue IT-Vorstand, Bernd Leukert, und Amerika-Chefin Christiana Riley in das Gremium ein. Riley betonte, die USA blieben für die Deutsche Bank ein wichtiges Standbein. „Es gibt keine andere deutsche Bank und auch kaum eine andere europäische Bank, die dort mit einer solchen Breite und Kompetenz vertreten ist.“

In den USA und in London ist ein Großteil des Investmentbankings angesiedelt, das der Deutschen Bank wegen verschiedener Skandale vor und während der Finanzkrise schwere Strafzahlungen eingebrockt hat. Sewing hatte die Sparte im vergangenen Jahr mit der Einstellung des Aktienhandels deutlich verkleinert. Dennoch bleibe die Investmentbank „wichtig für unsere Gesamtbank“, unter anderem wegen zahlreicher Dienstleistungen für Firmenkunden, betonte der Konzernchef.

15 Milliarden Verlust in fünf Jahren

Alle Geschäftsbereiche, auf die sich die Bank künftig konzentrieren will, arbeiteten 2019 profitabel: Die sogenannte „Kernbank“ erwirtschaftete trotz Umstrukturierung einen Vorsteuergewinn von 543 Millionen Euro.

Die größten Wachstumschancen sieht die Bank im Unternehmenskundengeschäft, besonders in Asien sowie in der Vermögensverwaltung. Die dafür zuständige Tochtergesellschaft DWS, bekannt für den Vertrieb der gleichnamigen Fonds, soll zu einem der zehn größten Vermögensverwalter der Welt werden. Bekräftigt wurde auch das Ziel, 2022 konzernweit eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von acht Prozent zu erreichen.

In den vergangenen fünf Jahren hat die Deutsche Bank fast 15 Milliarden Euro Verlust gemacht. Nach scharfer Kritik am früheren Bankchef John Cryan rückte im April 2018 Sewing an die Konzernspitze. Seine Umbaupläne für die Zeit bis 2022 präsentierte er, nachdem Anfang 2019 Gespräche über eine Fusion mit der Commerzbank gescheitert waren.