Ordensschwester Nicola Maria Schmitt und Stadtdekan Christian Hermes berichten von der ersten Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt. Foto: Martin Haar

Ist der Synodale Weg, in dem die katholische Kirche in Deutschland Zukunftsfragen diskutiert, eine Sackgasse? Der Bericht von Stadtdekan Christian Hermes von der ersten Vollversammlung in Frankfurt nährt eher die Skepsis anstatt die Hoffnung. „Die Erfolgsmöglichkeiten dieses Prozesses sind begrenzt“, sagte Hermes bei einer Nachlese.

Stuttgart - In Stuttgart bricht die katholische Kirche unter Stadtdekan Christian Hermes schon lange zu neuen Ufern auf. Die Entwicklungen in der Gesellschaft machen es bitter nötig. Doch was in der Stadt geht und gedacht wird, ist im römisch-katholischen Weltkreis (noch) undenkbar. Themen wie die Rolle der Frauen in der Kirche, Macht und Gewaltenteilung, die Sexualmoral und die priesterliche Lebensform scheinen unverrückbar – unverhandelbar.

So der Eindruck nach der ersten Vollversammlung in Frankfurt Ende Januar, wo sich unter der Überschrift Synodaler Weg 230 Delegierte über eine bessere Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland beraten. Mit dabei waren Christian Hermes und die Ordensschwester Nicola Maria Schmitt.

Beide waren mit großen Hoffnungen an den Main gefahren. Doch inzwischen – auch nach negativen Äußerungen des Papstes oder des Kardinals Rainer Maria Woelki – hat sich bei beiden Realismus breitgemacht.

Begrenzte Erfolgsaussichten

„Die Erfolgsmöglichkeiten dieses Prozesses sind begrenzt“, sagte Hermes bei einer Nachlese zum Synodalen Weg im Haus der katholischen Kirche: „Aber es gibt keine Alternative dazu, dass alle Themen auf den Tisch kommen.“ Weiter warnte er vor „Naivität“: „Nur weil Bischöfe nun den Dialog suchen, haben wir noch keine Verbindlichkeit.“ Allerdings wisse man nun unter den deutschen Bischöfen und in Rom, dass unter „den Gläubigen nicht nur doofe Schafe sind“. Hermes ist sich sicher: „Alles, was heutzutage nicht demokratisch legitimiert ist, kommt in eine Legitimationskrise.“

Das sieht beispielsweise Kardinal Woelki, der unter lauter Kritik die Versammlung vorzeitig verlassen hatte, ganz anders: „Ich habe eine große Sorge, dass hier quasi ein protestantisches Kirchenparlament durch die Art der Verfasstheit und der Konstituierung dieser Veranstaltung implementiert wird.“

Manche Katholiken fürchten nun, dass Haltungen wie diese zu einer Spaltung der katholischen Kirche führen könnte. Stadtdekan Hermes sieht das allerdings völlig desillusioniert: „Die Spaltung ist da. Viele sind schon weg – und die werden auch nicht wiederkommen, nur weil wir jetzt unsere Hausaufgaben machen.“

Damit setzte Hermes den Startschuss für vier Foren, in denen analog zum Synodalen Weg über die Brennpunkte diskutiert werden konnte. Einer dieser Brennpunkte ist für den neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, der wichtigste: „An der Frauenfrage entscheidet sich die Zukunftsfrage der Kirche.“ Wie sehr sich das bewahrheiten könnte, zeigten die Diskussionsbeiträge des Frauenforums. Da waren die Ungeduldigen, die meinten, „wenn ich das Wort langer Atem höre, bekomme ich das Kotzen“. Aber auch die Skeptiker, Zweifler und Resignierten. Alle waren jedoch in zwei Punkten einig und verbunden: im Glauben und der Liebe zur Gemeinschaft Christi. „Dennoch spüre ich, wie mein innerer Spagat zwischen meinen demokratischen Vorstellungen und diesem patriarchalischen System immer größer wird“, sagte ein Teilnehmerin und löste damit ebenso große Betroffenheit aus, wie eine Religionslehrerin einer achten Klasse. Sie berichtete dem Forum von ihren zwei Töchtern und deren wachsenden Distanz zur Kirche: „Ich kann beide nicht mehr davon überzeugen, sich firmen zu lassen.“

Frust unter Katholikinnen

So reihte sich ein Frustkommentar an den nächsten: „Ohne Frauen wir die Kirche nicht überleben … für mich als Frau ist diese Überschwemmung von Männern eine Zumutung … Frauen haben die gleiche Würde … die Weltkirche sollte ein Schuldbekenntnis aussprechen, für das, was sie den Frauen angetan hat.“

Bei Schwester Nicola Maria fielen alle diese Beiträge auf fruchtbaren Boden: „Ich habe hier die ganze Breite herausgehört, die ich in meinem Herzen trage. Es muss sich etwas tun.“ Jedem in Stuttgart scheint der Satz von Schiller bewusst zu sein: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“