Günter Offermann bei seiner Verabschiedung vom FSG 2013. Foto: MZ-Archiv

Der ehemalige FSG-Schulleiter Günter Offermann wird 70.

Marbach - Wer Günter Offermann als Leiter des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Marbach erlebt hat, sah eine Persönlichkeit, die in den 24 Jahren neben einer reflektierten Fröhlichkeit auch immer eine gewisse Betriebsamkeit um sich herum versprühte. Aus diesem berufsbedingten Kokon ist der mit dem heutigen Tag 70-Jährige in den sieben Jahren seit seiner Pensionierung immer weiter hinausgeschlüpft. „Mein ganzes Leben besteht jetzt aus Bewunderung“, sagt der Mann, durch den das Gymnasium der Schillerstadt in den 24 Jahren seiner Leitung zu schülerreichsten des Landes Baden-Württemberg angewachsen ist.

Nun ist der Wandel von der Führungskraft zum Rentner zwangsläufig mit einer gewissen Entschleunigung verbunden.

Wie er damit umgeht? Offermann, in Marbach oft mit Schal und Baskenmütze unterwegs, deutet es als praktizierender Katholik durchaus mit biblischer Begrifflichkeit: „Ich staune viel mehr als früher.“ Will sagen: Er findet die Zeit, alles gelassener wahrzunehmen. Ein Beispiel hat der langjährige Pädagoge schnell zur Hand. Als er nämlich kürzlich ein altes Zinkrohr im Haushalt auswechseln musste und er es trotz Rohrzange nicht abbekam, erinnerte er sich als studierter Physiker an Wärmegesetze – und hielt ein Streichholz ans Rohr, um es zu erwärmen. „Ich habe vorher noch mal im Internet nachgeschaut und fand mich dort bestätigt – und dann entwickelte sich bei mir ein echtes Glücksgefühl, als ich es ganz leicht abschrauben konnte.“

Überhaupt erfüllt den gebürtigen Ettlinger tiefe Dankbarkeit. „Ich hatte viel Glück“, sagt er, und lobt in Superlativen Schüler, Lehrerkollegen und Teamassistentinnen im Sekretariat als „wunderbare Menschen“. Ansonsten habe er mit dem FSG klar abgeschlossen – „alles andere würde sich nicht schicken“. Offermann, der von sich als jemanden spricht, dessen Blick nach vorne gerichtet ist, hat im Ruhestand viel Neues entdeckt.

So gehe er mittlerweile mit seiner Frau tanzen, was ihm nicht immer leicht falle. Und er findet Zeit für Bücher. „Ich lese jetzt Romane“, sagt er und erzählt vom Literaturkreis, den er mit seiner Frau besucht. Da habe man über Camus‘ „Die Pest“ reflektiert. Offermann sieht sich in Zeiten des Coronavirus bestätigt: „Nur die überleben, die in solchen Zeiten Solidarität, Freundschaft und Liebe zeigen.“

Die Bildung fasziniert immer noch den Naturwissenschaftler, der an der Uni Physikseminare „für ältere Hochbegabte“ besucht, wo er genauso wie im Bibelkreis der Kirchengemeinde „fantastischen Menschen“ begegne, die ihm bestimmt auch schon früher – etwa nach Feierabend – gut getan hätten, wie er selbst findet. Doch auch die altbekannten Gefährten weiß das Geburtstagskind zu schätzen: Im Solarverein Marbach wolle er als einer der Gründer mit seinen Mitstreitern zu neuen Ufern aufbrechen. Und im Krankenpflegeverein der Stadt sowie in dem Förderverein für indisches Zentrum für erneuerbare Energien werde er noch gebraucht.

Familiär ist der dreifache Vater Günter Offermann bereits im Stand des Großvaters, zwei Töchter seien erstmals schwanger. Da alle Kindesfamilien weiter entfernt lebten, stelle er sich darauf ein, in Corona-Zeiten erst mal aus der Distanz Anteil zu nehmen.

Was den Heimatbegriff angeht, unterscheidet der Badener Offermann übrigens ganz klar: „Heimat ist für mich klar der Ort, an dem man die ersten 20 Jahre seines Lebens verbringt.“ In seinem Fall sei das Ettlingen, und seine späteren Stationen Ludwigsburg mit dem Wohnort in Neckarweihingen, dem „schönen Städtchen“ Vaihingen sowie auch weiterhin aktuell Marbach seien jeweils das „Zuhause“ gewesen, was er jeweils auch als Auszeichnung erlebt habe, denn es seien die Menschen, die ihm diese Ort verschönert hätten.

Und am Ende des Gesprächs, da wird Günter Offermann nahezu schöpfungsmystisch: Um die Erde konsequent zu bewahren, müsse man sie als Lebewesen ansehen. Klimaschutz sei für ihn deshalb nicht nur ein Wort.