Seit Anfang Oktober fliegt die Lufthansa nicht mehr von Frankfurt nach Friedrichshafen. Das Geld am Bodenseeairport ist ohnehin schon knapp. Foto: /Felix Kaestle

Der Bodensee-Airport in Friedrichshafen braucht laut einem Gutachten rund 30 Millionen Euro zusätzlich. Das Unverständnis wächst, der politische Ton wird rauer.

Friedrichshafen - Am Montag tritt der Gemeinderat Friedrichshafen zu einem Brennpunktthema zusammen. Es geht um die prekärer werdende Situation des Flughafens, der schon seit Jahren nicht mehr ohne Sonderzuwendungen seiner Gesellschafter existieren kann. In diesem Corona-Jahr hat sich die Kassenlage so weit verschlechtert, dass unter nervöser werdenden politischen Entscheidungsträgern offen die Frage verhandelt wird, ob eine Schließung nicht die beste Lösung für die örtlichen Steuerzahler wäre.

Dass es am Montag zum Aus kommt, wird jedoch kaum passieren. Speziell die Bedürfnisse der Wirtschaft haben bisher noch immer den Ausschlag für die fast bedingungslose Unterstützung der Ortspolitik für den Flughafen gegeben. Auch diesmal geben sie den Ton vor. Der Bodensee-Airport sei von „enormer Bedeutung“, so ein Sprecher der ZF AG. Gar von einem „Tor zur Welt“ spricht MTU. Beide Unternehmen räumen zugleich ein, dass Dienstreisen seit Monaten auf ein Minimum reduziert wurden. Bei ZF glaubt man, dass „Digitalisierung und virtueller Austausch“ auch nach der Corona-Krise viele Flüge überflüssig machen.

Der Tower ist veraltet

Mit einem Auftragsgutachten der Unternehmensberatung Roland Berger legte die Flughafengesellschaft (FFG) neue Argumente nach. Berger rechnet eine Bruttowertschöpfung für die Region Bodensee in Höhe von jährlich 56 Millionen Euro vor, „überregional“ sogar von 86 Millionen Euro. Schließlich profitiere auch der Tourismus, lautet eine Erklärung. Eine überaus schlechte Nachricht enthält das Gutachten allerdings auch: Bis zum Jahr 2025 benötige der Flughafen überplanmäßig rund 30 Millionen Euro. Nicht nur das Betriebsergebnis ist tiefrot, auch der Tower muss modernisiert werden. Für den FFG-Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr muss „Klarheit über die nähere Zukunft“ her.

Der Bodenseekreis ist bereit, seinen Anteil an den Millionen zu zahlen. So lautet ein kürzlich gefasster Beschluss, der gegen die Stimmen von Grünen und Linken gefasst wurde. Der Beschlussantrag der Friedrichshafener Verwaltung für Montag schlägt Gleiches vor. Die benötigten Millionen sollen der Flughafengesellschaft als Darlehen gegeben werden – mit der Option, Teile davon später in eine „nicht rückzahlbare Unterstützung“ zu wandeln. Zugleich sollen Altschulden erlassen werden.

Örtliche Grüne ohne Rückhalt in Stuttgart

Die Grünen im Gemeinderat wittern Trickserei zur Umgehung des EU-Beihilferechts, das die Alimentierung von Regionalflughäfen mit Steuermitteln untersagt. Der Flughafen sei ein „Millionengrab“, es müsse ein „Ausstiegsszenario“ her, fordert das grüne Ratsmitglied Felix Bohnacker im Namen seiner Fraktion. Unterstützung von Landesebene gibt es dafür aber nicht. Eine Sprecherin der grünen Finanzministerium Edith Sitzmann teilt mit: „Das Land trägt die von Roland Berger vorgeschlagene Aufrechterhaltung des Betriebs des Flughafens Friedrichshafen mit einem optimierten Verkehrsmix mit. Selbstverständlich steht das Land auch zu seinen bereits erteilten Zusagen bezüglich der Mehrkosten.“

Das Friedrichshafener Rathaus verweist in seiner Beschlussempfehlung unter anderem auf die im August erschienene Studie zu Regionalflughäfen des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. Der Bodensee-Airport schnitt dabei weniger schlecht ab als manch anderer Standort. Zu dem Zeitpunkt flog allerdings die Lufthansa noch fünfmal wöchentlich vom Bodensee nach Frankfurt. Seit 1. Oktober ist es auch damit vorbei.