Auf dem Marktplatz in Sindelfingen machen die Demonstranten ihren Unmut auch mit Plakaten deutlich. Foto: factum/Weise

Zum Auftaktkonzert der aus der Innenstadt verbannten Reihe „Sindelfingen rockt“ kamen Tausende von Besuchern. Und auf dem Marktplatz haben etwa 800 Menschen gegen das Gerichtsurteil protestiert – unter ihnen auch OB Bernd Vöhringer.

Sindelfingen - Sie kommen mit selbst geschriebenen Plakaten, Kochtöpfen, Trompeten und Stereoanlagen. Ihr Ziel ist es, möglichst laut zu sein – und das erreichen sie auch. Rund 800 Demonstranten sind am Mittwochabend spontan zusammengekommen, um auf dem Sindelfinger Marktplatz eine Party zu feiern – und damit zu zeigen, dass sie sich den Spaß nicht nehmen lassen. „Wir wollen mit unserem positiven Protest ein Signal setzen“, sagt Jörg Mornhinweg, der am Montagabend in den sozialen Netzwerken zu der Aktion aufgerufen hatte. Dass dem Aufruf so viele Menschen folgen würden, hatte er nicht erwartet: „Das hat sich verselbstständigt. Aber es zeigt, dass den Leuten diese Veranstaltung wichtig ist – egal ob Punk oder Unternehmer, ob Rentner oder Kind. Die ganze Stadt ist da.“

Unter den Demonstranten befindet sich auch der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer, der spontan zum Mikrofon greift und Worte des Dankes und ein Versprechen an die Versammlung richtet: „Die Stadt wird alles dafür tun, dass das Konzert wieder zurück in die Innenstadt kommt – wo es hingehört.“

Eilentscheid des Verwaltungsgerichts verhinderte Konzert auf dem Marktplatz

Der Protest richtet sich gegen einen Eilentscheid des Verwaltungsgerichts Stuttgart, der am Montag das Auftaktkonzert der Reihe „Sindelfingen rockt“ auf dem Marktplatz verhinderte. Anwohner hatten sich von der alljährlichen Konzertreihe, bei der Coverbands auftreten, belästigt gefühlt. Obwohl die Stadt und die Veranstalter noch versucht hatte, mit einem geänderten Konzept und einem früheren Ende des Konzerts um 21.30 Uhr auf die Anwohner zuzugehen, hatten diese Klage eingereicht – und gewonnen. Die Stadt hat daraufhin umgehend Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt und prüft nun weitere Möglichkeiten, wie „Sindelfingen rockt“ wieder in die Innenstadt zurückgeholt werden kann.

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Das Auftaktkonzert wurde indes nicht abgesagt, sondern kurzerhand an den Stadtrand verlegt, auf den Parkplatz des Möbelhauses Hofmeister. Für den Veranstalter ein Kraftakt: „Innerhalb von 36 Stunden mussten wir alles umorganisieren“, sagt Johannes Leichtle. Deshalb seien er und sein Team nun auch ziemlich geplättet – aber auch glücklich: „Wir sind völlig überrascht, wie viele Leute trotz der Verlegung gekommen sind. Das empfinden wir als ein klares Bekenntnis zu unseren Konzerten“, sagt er.

„Sindelfingen rockt“ als fester Treffpunkt im Jahr

Das kann auch Jörg Mornhinweg bestätigen: „Ich kenne viele Leute auch über die Stadtgrenze hinaus, für die ,Sindelfingen rockt’ ein fester Termin im Jahr ist. Das ist ein Treffpunkt“, sagt der 53-Jährige. Er selbst sei in der Nähe des Marktplatzes aufgewachsen und habe kein Verständnis für die Anwohner, die Klage eingereicht haben: „Warum versuchen eine Handvoll Leute, Tausenden den Spaß zu verderben?“ Schließlich wäre das Konzert schon um 21.30 Uhr vorbei gewesen.

So aber dauert die laute Protestveranstaltung bis 22.30 Uhr – dann schickt der Oberbürgermeister die Demonstranten nach Hause. Und diese folgen der Aufforderung prompt. Auch die Polizei bestätigt, dass die Veranstaltung laut, aber friedlich abgelaufen ist. Zu einer weiteren Protestaktion wollen Jörg Mornhinweg und seine Mitstreiter allerdings nicht aufrufen. „Es ging uns darum, ein einmaliges Signal zu setzen. Hoffentlich sieht das Verwaltungsgericht jetzt seinen Fehler ein“, sagt Mornhinweg.

Stadt will weiter für das Konzert kämpfen

In der Konzertreihe „Sindelfingen rockt“ sind jeweils mittwochs noch vier weitere Konzerte geplant, die auch auf dem Hofmeister-Gelände stattfinden können. Ob die Beschwerde der Stadt schnell genug geprüft wird, sodass die Konzerte doch noch zurück auf den Marktplatz kommen, können weder die Stadt noch der Veranstalter einschätzen.

Doch alle Beteiligten sehen es wie der Oberbürgermeister, der bereits Anfang der Woche auf Facebook veröffentlicht hatte: „Weil wir eine lebendige Innenstadt wollen und ‚Sindelfingen rockt’ dazu einen wichtigen Beitrag leistet und auch den Zusammenhalt unserer Stadtgesellschaft stärkt, werden wir weiter kämpfen.“