Am 10. Juli wollen Birkacher Bürger Anna Haag an ihrem Grab gedenken. Der Tag ist das Geburtsdatum der Schriftstellerin und Pazifistin. Foto: Archiv Judith A. Sägesser

Eine Bürgerin bittet die Stadtverwaltung, sich um das Grab der Schriftstellerin Anna Haag zu kümmern. Die wohl wichtigste Errungenschaft Haags ist die Einführung des Zivildiensts.

Stuttgart-Birkach - Am Mittwoch, 10. Juli, wird sich morgens eine Gruppe von Menschen auf dem Birkacher Friedhof treffen. Die Leute werden am Grab von Anna Haag stehen und einen Kranz niederlegen. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist die Autorin, Politikerin, Pazifistin und Frauenrechtlerin auf dem Friedhof in Birkach begraben, neben ihrem Mann Albert.

Der 10. Juli ist Anna Haags Geburtsdatum. Es jährt sich in diesem Jahr zum 125. Mal. Der Birkacher und frühere Bürgermeister Rolf Lehmann hat die Gedenkveranstaltung organisiert. „Mir geht es darum, dass Anna Haag nicht in Vergessenheit gerät“, sagt er.

„Jetzt muss es sein“

Wer Anna Haag ganz bestimmt nicht vergessen wird, ist Gesa Ebert. Sie lebt ebenfalls in Birkach und hat dem Oberbürgermeister und dem Gemeinderat jüngst einen Brief geschrieben. Der Geburtstag der Anna Haag „wäre ein schöner Anlass, um ihr Grab auf dem Birkacher Friedhof als Ehrengrab in städtische Dauerpflege zu übernehmen“, schreibt Gesa Ebert. Den Vorschlag hat sie schon eine Weile im Kopf. „Ich wollte schon lange daran erinnern, aber jetzt muss es sein.“

Die wohl wichtigste Errungenschaft Anna Haags, 1888 in Althütte im Rems-Murr-Kreis geboren, ist die Einführung des Zivildiensts. Der Satz im Grundgesetz, dass niemand gegen sein Gewissen zum Dienst mit der Waffe gezwungen werden darf, stammt von ihr. Ihr Mann Albert war recht früh an Krebs gestorben. Mitte der Fünfziger ist die Witwe nach Birkach an den Franziskaweg gezogen. Davor hatte sie einige Jahre in Sillenbuch in der Landstadtsiedlung gelebt. Ihren Lebensabend verbrachte sie im Lothar-Christmann-Haus in Hoffeld.

Das Grab steht auf einer entsprechenden Liste

Derzeit kümmern sich die Nachfahren von Anna Haag um ihr Grab. Im Jahr 2016 endet die offizielle Ruhezeit der bedeutenden Frau. Im Falle von Normalsterblichen entscheiden die Angehörigen, ob sie die Grabnutzung verlängern oder ob die letzte Ruhestätte aufgelöst wird. Bei berühmten Menschen ist es Usus, dass die Stadt die Pflege im Zweifelsfall dauerhaft übernimmt. Im Fall Anna Haags hat die Verwaltung eben dies vor, wie Stefan Braun vom Friedhofsamt bestätigt. Das Grab steht auf einer entsprechenden Liste.

Warum aufs Jahr 2016 warten? Das fragt sich zum Beispiel Gesa Ebert. Zumal sie von den Angehörigen wisse, dass sie einverstanden wären. Rudolf Haag ist das letzte lebende Kind von Anna Haag. Er wohnt im bayerischen Schliersee. „Ich hätte da nichts dagegen“, sagt er. Er wäre sogar froh, wenn die Angelegenheit noch zu seinen Lebzeiten geregelt würde. Rudolf Haag ist 91 Jahre alt. „Aber wenn die Stadt Stuttgart es nicht macht, würde sich auch eine Lösung finden.“

Der Gemeinderat muss zustimmen

Stefan Braun vom Stuttgarter Friedhofsamt schließt nicht aus, dass die Stadt die Pflege für das Anna-Haag-Grab früher übernehmen würde. Dies würde allerdings zweierlei voraussetzen: Erstens muss der Gemeinderat zustimmen, zweitens müssten die Angehörigen der Verstorbenen auf die Stadt zugehen.

Dies wird vermutlich auch in dem Antwortschreiben an die Birkacherin Gesa Ebert zu lesen sein. Ob Stefan Braun der Verfasser sein wird, weiß er aber noch nicht. „Es muss sich erst zeigen“, sagt er, „ob der Oberbürgermeister den Brief selber beantworten will“.