Die Friedensgespräche in Schweden haben begonnen: Martin Griffiths (2.v.l), UN-Sondergesandter für den Jemen, gibt einem Delegierten aus dem Jemen die Hand während der Eröffnungspressekonferenz der Jemen-Gespräche im Schloss Johannesberg. Foto: AP

Dass der jahrelange Bürgerkrieg im Jemen noch immer nicht zu Ende ist, hat auch damit zu tun, dass starke Kräfte an seiner Fortsetzung interessiert sind, kommentiert unser Korrespondent Martin Gehlen.

Tunis - Fast vier Jahre lang tobt der Krieg im Jemen, bis vor Kurzem vergessen von der gesamten Welt. Seitdem der saudische Königshof jedoch Anfang Oktober den Journalisten und Regimekritiker Jamal Khashoggi direkt vor türkischen Überwachungskameras und Abhörmikrofonen von einem Killerkommando bestialisch ermorden ließ, rückt auch das „größte humanitäre Desaster der Gegenwart“, wie es die Vereinten Nationen nennen, stärker in den internationalen Fokus.

Zum ersten Mal in diesem Konflikt rührten sich die Vereinigten Staaten als größter Waffenlieferant Riads und forderten ein Ende des Blutvergießens. Gleichzeitig brachte die weltweite Empörung über den Khashoggi-Mord neue Bewegung in die Diplomatie, so dass es UN-Jemen-Vermittler Martin Griffiths diese Woche gelang, die verfeindeten Lager in Schweden unter einem Dach zu versammeln. Kleine symbolische Gesten gingen voraus, Verletzte wurden ausgeflogen, mit dem Austausch von Gefangenen begonnen.

Die Leidtragenden des Kriegs

Doch wie es um den echten Friedenswillen bestellt ist, da sind noch erhebliche Zweifel angebracht. Denn auf beiden Seiten dominieren starke Kräfte, die kein Ende des Krieges wollen und denen das Schicksal der geschundenen Bevölkerung völlig egal ist. Zu Beginn hatte Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman den Jemenfeldzug noch hochstilisiert zum Paradefall arabischer Entschlossenheit gegen den ewigen Störenfried Iran. Doch selbst bei Scharmützeln entlang der Grenze wurden seine hochgerüsteten Truppen mit den von Teheran unterstützten Barfußkriegern nicht fertig.

Die Vereinigten Arabischen Emirate wiederum, der engste Alliierte Riad, gehen längst eigene Wege. Das Ziel, die Houthis zu entthronen und Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi zurück an die Macht zu bomben, hat Abu Dhabi aufgegeben. Stattdessen setzt das agile „Sparta am Golf“ auf einen eigenständigen Südjemen, den es künftig als Vasallenstaat dirigieren kann. Ähnliches Machtkalkül treibt auch die Houthis. Sie denken nicht daran, ihre seit vier Jahren befestigte Bastion Sanaa im Nordjemen zu räumen und sich wieder in ihre karge Gebirgsregion zurückzuziehen.

Leidtragende dieses militärischen und politischen Patts sind die 28 Millionen Jemeniten. Drei Viertel lebt im absoluten Elend. 62 000 wurden durch Bomben, Minen und Granaten verletzt oder getötet. Ihre stolze Nation liegt in Trümmern, zerfallen zu einem Flickenteppich verfeindeter Territorien. Der angerichtete Schaden ist irreparabel, selbst wenn alle Seiten zu substanziellen Konzessionen bereit wären. Doch danach sieht es nicht aus.

Einzelne Schritte sind die Lösung

Die Vereinigten Arabischen Emirate pochen auf ihre Südjemen-Pläne, in die sie bereits Milliarden investiert haben. Für Saudi-Arabien wäre ein Kriegsende mit jubelnden Houthis in Sanaa eine nicht zu verwindende Schmach. Daran wird auch der jüngste Beschluss des Pentagon nicht rütteln, die Luftbetankung saudischer Kampfjets über dem Jemen zu beenden. Einzig ein US-Boykott für Ersatzteile und Wartung, der binnen Monaten die saudische und emiratische Kriegsmaschine lahmlegt, könnte den nötigen Druck für einen raschen und umfassenden Waffenstillstand erzeugen – ein Vorgehen, was die USA jedoch niemals in Betracht ziehen würden.

UN-Vermittler Martin Griffiths bleibt daher nur die Wahl, auf einzelne Schritte zu setzen: auf eine Beendigung der saudischen Luftangriffe gegen ein Ende der Houthi-Raketen auf Saudi-Arabien. Und auf Garantien beider Seiten für den lebenswichtigen Hafen Hodeida, damit die Hungerkatastrophe zu Weihnachten doch noch abgewendet werden kann.