Die stillgelegte Bahnstrecke zwischen Markgröningen und Ludwigsburg soll reaktiviert werden. Foto: factum/Granville/Simon Granville/factum

Kurz vor der Gründung des Zweckverbandes Stadtbahn Ludwigsburg gibt es Turbulenzen: Ein Antrag der Freien Wähler auf Kurskorrekturen irritiert den Landrat und andere Parteien. Die Grünen attackieren Ludwigsburgs Bürgermeister Michael Ilk.

Ludwigsburg - Die Ludwigsburger Grünen schäumen. „Der Mobilitätsbürgermeister Michael Ilk, der der Stadt, dem Gemeinderat und dem Oberbürgermeister verpflichtet sein müsste, lässt sich vor den Karren der unverminderten Konfrontationsstrategie seines Kreistags-Fraktionskollegen Spec gegen die Landkreisverwaltung spannen“, schreiben der Fraktionsvorsitzende Michael Vierling und der Ortsverbands-Sprecher Torsten Kauer in einem offenen Brief. „Wir hoffen“, legen sie nach, „dass es Oberbürgermeister Knecht gelingt, seinen Mitarbeiter wieder einzufangen, damit der Eindruck widerlegt wird, dass im Ludwigsburger Rathaus immer noch die Anti-Stadtbahnpolitik – von Ex-Oberbürgermeister Spec jetzt ferngesteuert – betrieben wird.“

Starke Geschütze. Was ist geschehen? Die Freien Wähler im Kreistag haben zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am Freitag einen Antrag gestellt und damit alte Wunden in dem seit Jahren schwelenden Stadtbahn-Streit aufgerissen. Unterzeichnet war er vom FW-Fraktionschef Rainer Gessler, Ludwigsburgs Bürgermeister Michael Ilk und Möglingens Ex-Bürgermeister Eberhard Weigele. Sie machen sich darin dafür stark, mit der DB Netz AG andere Möglichkeiten für den Streckenabschnitt zwischen Ludwigsburg und Markgröningen auszuloten. Das dort brachliegende Gleis soll, so ist es schon lange Beschlusslage, Teil des geplanten Stadtbahnnetzes von Remseck über Ludwigsburg, Möglingen bis nach Markgröningen werden. Und fahren soll dort – logisch – eine Stadtbahn.

Erstaunen über den Antrag

Die Freien Wähler allerdings schlagen nun vor, mit der Bahn über einen Betrieb nach der Eisenbahn-Betriebsordnung zu verhandeln. Das bedeutet: Sie wollen, dass dort erst mal keine Stadtbahn, sondern eine Eisenbahn fährt. Damit zerren sie die Lieblingsidee des ehemaligen Ludwigsburger Oberbürgermeisters Werner Spec aus der Mottenkiste, der die Stadtbahn jahrelang vehement bekämpfte.

Auf der Tagesordnung der Sitzung stand eigentlich ein harmloses Thema: der Entwurf zur Satzung des Stadtbahn-Zweckverbands. Aber wie so oft in den vergangenen Jahren wurde dann doch wieder nur gestritten. Man sei „einigermaßen erstaunt, sagte der CDU-Kreisrat Hans Schmid. Das Papier der Freien Wähler gefährde die bisherige Beschlusslage und die Förderwürdigkeit des Gesamtvorhabens. Eine „spekulative Geisterbahn-Diskussion“ könne das Projekt jetzt nicht gebrauchen. Auch Ernst-Peter Morlok (SPD) forderte alle Beteiligen auf, nichts anzustoßen, was zu weiteren Verzögerungen führen werde. „Seit wir die grundlegenden Beschlüsse zur Stadtbahn gefasst haben, sind eineinhalb Jahre vergangen. Man sollte jetzt schnellstmöglich das Machbare machen.“ Christine Knoß (Grüne) wiederholte den Vorwurf, Ilk und die Freien Wähler würden mit ihrem Vorstoß alle Bemühungen des Landkreises konterkarieren.

„Völlig faktenfreie persönliche Angriffe“

Die Freien Wähler schossen zurück. Weigele verwahrte sich gegen die „völlig faktenfreien persönlichen Angriffe“ auf seinen Fraktionskollegen. Ilk selbst nannte die Vorwürfe „unterirdisch“. „Die Grünen sollten mit mir reden statt über mich.“ Der Antrag sei lediglich als Ergänzung gedacht, um die Reaktivierung des Streckenabschnitts zwischen Ludwigsburg und Markgröningen zu beschleunigen.

„Der geplante Vorlaufbetrieb beinhaltet explizit die Möglichkeit, bis zur Inbetriebnahme einer Stadtbahn zwischen Ludwigsburg und Markgröningen eine Bahn pendeln zu lassen, die noch keine Stadtbahn ist“, so Ilk. „Das sehe ich als große Chance, den Nahverkehr rasch voranzubringen.“ Von seinem Chef bekommt er zwar Rückendeckung, aber der Ludwigsburger OB Matthias Knecht ist auch sichtlich bemüht, die Wogen wieder zu glätten: Seine Stadt stehe zu dem Konsens von 2018 und zu den Stadtbahnplänen, erklärte er in einer schriftlichen Stellungnahme am Freitag.

Seitenhieb in Richtung Stadtverwaltung

Droht nun ein neuer Kleinkrieg? Der Landrat jedenfalls reagierte in der Sitzung mit einem kräftigen Seitenhieb gegen die Ludwigsburger Stadtverwaltung. „Ohne süffisant sein zu wollen“, sagte er, „es lag in den letzten anderthalb Jahren nicht ausschließlich am Landkreis, wenn das Projekt nicht so zügig voran ging wie erhofft.“ Eine Reaktivierung der Strecke nach Eisenbahn-Betriebsordnung berge die Gefahr, dass später das gesamte Stadtbahnprojekt nicht wie geplant umgesetzt werden könne. Er halte den Antrag der Freien Wähler daher nicht für hilfreich. Immerhin: Allgaier zeigte sich versöhnlich: „Ich unterstelle jeder Fraktion, dass wir alle miteinander eine Verbesserung erreichen wollen.“

Abgestimmt wurde über den Antrag am Freitag nicht – eine Chance hätten die Freien Wähler angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss aber sowieso nicht gehabt. Und einen kleinen Fortschritt gab’s dann auch: Die Gründung des Stadtbahn-Zweckverbands wurde zumindest mal aufs Gleis gesetzt. In der nächsten Kreistagssitzung darf dann weiter debattiert – oder auch gestritten – werden.