Die Sicherheit der Badegäste im Blick: Bärbel Köhler im Freibad. Foto:  

Bärbel Köhler ist bald seit 40 Jahren Bademeisterin. Der Job am Beckenrand macht ihr Spaß, sagt sie. Doch sie hat auch Sorgen – weil das Benehmenden der Schwimmer immer wieder zu wünschen übrig lässt.

Stuttgart - Ein kurzer Pfiff, ein paar freundliche Worte, dann ist alles wieder gut. Bärbel Köhler hat gerade einem Lehrer erklärt, dass er mit seiner Schulklasse zum Unterricht bitte in das andere Becken des Vaihinger Freibads gehen soll. Dafür sei es da. Der Lehrer nickt, dirigiert seine Schüler paar Meter weiter, Bärbel Köhler wendet sich auf der Plattform zwischen den beiden Freibecken wieder ihrem Job zu – beobachtet die Szenerie, damit der Badebetrieb im Vaihinger Rosental sicher ist. Einer desorientierten Schulklasse den richtigen Weg zu weisen, ist Routine, das Eingreifen völlig unproblematisch. So macht der Job Spaß.

„Ich will keine Spaßbremse sein“

Das ist übrigens meistens so. Seit 39 Jahren sorgt die Frau, die sich offiziell Fachangestellte für Bäderbetriebe nennt, für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit in städtischen Bädern. „Bademeisterin lasse ich auch gelten“, sagt sie und lacht. „Auch wenn es falsch ist.“ Die 55-Jährige ist zufrieden, sie hat sich vor vielen Jahren bewusst für den Job entschieden, weil sie gerne mit Menschen arbeitet und weil sie gerne schwimmt. Anderthalb Jahre war sie im Leuze, seit 1981 ist sie in Vaihingen. Die lange Zeit am Beckenrand will sie nicht missen, weil sie Teil einer Gemeinde von Stammgästen geworden ist. „Alles liebe Leute“, sagt sie.

So strahlend wie aktuell die Sonne ist die Arbeit allerdings nicht immer. Auch durch das relativ ruhige Vaihinger Rosental weht an Spitzentagen mit mehr als 10 000 Besuchern gelegentlich eine angespannte Stimmung, die im Untertürkheimer Inselbad schon Aggressionen ausgelöst und die Polizei auf Trab gehalten hat. Bärbel Köhler will nicht dramatisieren. „Aber wenn Kollegen in die Nase gebissen oder sie angegriffen werden, macht man sich schon Sorgen, ob das nicht auch hier passieren kann.“ Tätlich angegangen wurde sie noch nicht, aber eine Zunahme von Respektlosigkeit stellt sie fest. „Das Kids und junge Leute über die Stränge schlagen, gab es immer schon“, sagt sie, „heute ist es für uns aber manchmal schwierig, sich durchzusetzen“. Da werde man geduzt oder ignoriert und auch schon mal angeblafft. Das sei früher viel seltener vorgekommen. „Dabei will ich keine Spaßbremse sein“, sagt Bärbel Köhler, „aber meine Hauptaufgabe ist nun einmal Prävention, damit nichts passiert“.

Eltern sollten ihre Kids nicht ganz aus den Augen lassen

Für sie ist jeder neue oder junge Badegast zunächst einmal Anfänger, der einen Fehler gut hat. „Er sollte dann halt nur unsere Anweisungen auch annehmen, und da wird es manchmal schwer.“ Bärbel Köhler wünscht sich schlicht: Respekt. „Meistens ist das ja auch so, aber die andere Seite nimmt leider zu.“ Und wenn dann ein Dreikäsehoch ihr „He du, mach mal den Dreier auf“, entgegenrotzt, ist das natürlich nicht vergnügungssteuerpflichtig für die Frau, von deren Professionalität es am Ende anhängt, ob im Fall der Fälle ein Mensch gerettet werden kann.

Sorgen macht sich Bärbel Köhler an vollen Tagen auch, weil sich ihrer Beobachtung nach immer mehr Eltern zu sehr auf das Aufsichtspersonal verlassen. Aber wenn es knallvoll ist sollten die Eltern ihre Kids nicht komplett aus den Augen lassen. Vor allem in den Ferien. „Wir können aufpassen und auch Regeln weitergeben“, sagt sie, „Versäumnisse im Elternhaus gleichen wir aber auch nicht aus.“

Die meiste Zeit macht die Arbeit Spaß

2020 wird sie für 40 Jahre Schwimmmeistertätigkeit geehrt. Würde sie heute jungen Leuten ihre Arbeit empfehlen? Sie überlegt lange. Einerseits sei der Schichtbetrieb familienfeindlich, der Job nicht besonders gut bezahlt, und wenn andere im Sommer in den Urlaub fahren, müsse sie arbeiten, obwohl viele denken, das sei ja wie Urlaub.

Ist es aber nicht, wer steht schon in seiner Freizeit um 5 Uhr auf, um ein Schwimmbecken zu reinigen, auch das gehört dazu. „Andererseits macht es doch die meiste Zeit Spaß.“ Und wenn der Respekt wieder ein wenig mehr werden würde, hätte sie keinen Grund zur Klage. „Ehrlich gesagt bin ich froh, mich für diese Arbeit entschieden zu haben“, sagt sie.