Britta Seeger ist seit einem Jahr im Daimler-Vorstand und Vertriebschefin der Daimler-Autosparte Mercedes-Benz Cars. Foto: Daimler AG

Für Aufsichtsräte gibt es eine Frauenquote von 30 Prozent – sie wirkt positiv. Wenn es weitergeht wie bisher, könnte dieser Wert in Vorständen börsennotierter Firmen erst 2038 erreicht sein.

Stuttgart - Britta Seeger hat es geschafft, genauso wie Sylvie Matherat. Seeger ist im Vorstand von Daimler für den Vertrieb von Mercedes-Benz Cars zuständig, Matherat verantwortet bei der Deutschen Bank die Bereiche Regulierung und Compliance. Seeger und Matherat gehören zu den wenigen Frauen, die in den Vorstand eines börsennotierten Unternehmens in Deutschland berufen wurden. Die Unternehmensberatung EY hat dafür die 160 Gesellschaften unter die Lupe genommen, deren Aktien in den Börsensegmenten Dax, M-Dax, S-Dax und Tec-Dax notiert sind. Exakt 686 Vorstandsmitglieder haben diese Unternehmen, davon sind gerade mal 50 – das sind 7,3 Prozent – weiblichen Geschlechts. Es ist eine ernüchternde Zahl. Denn im Vergleich zu 2013 hat sich der Anteil kaum verändert; damals hat der Anteil bei 5,4 Prozent gelegen, schreiben die Stuttgarter in ihrer Analyse.

Mühsam und steinig

„Der Weg von Frauen in die Führungsspitzen der Unternehmen bleibt leider oft mühsam und steinig. In den Vorstandsetagen sitzen mehrheitlich Männer, daran ändert sich trotz freiwilliger Quoten und öffentlicher Debatten wenig“, moniert Ulrike Hasbargen, Partnerin bei der Stuttgarter Unternehmensberatung. Wenn die Zahl der Frauen in den Vorstandsgremien weiter so langsam steige, werde es bis 2038 dauern, bis ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt sei. Dabei gebe es „genügend Frauen, die das können. Unternehmen sind gut beraten, diese zu fördern und auch die Chance auf entsprechende Vorstandsposten zu geben“, so Hasbargen. „Ansonsten dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis wir auch dafür eine gesetzliche Quote sehen“, fügt sie hinzu. Damit verweist sie auf die Frauenquote von 30 Prozent, die seit 2015 für Aufsichtsräte gilt. Seitdem ist ein deutlicher Frauenanstieg in den Kontrollgremien zu verzeichnen.

73 Prozent der Unternehmen haben keine Frau im Vorstand

Auf der Vorstandsebene bewegt sich bisher allerdings wenig. Stattliche 73 Prozent der untersuchten 160 Unternehmen haben überhaupt keine Frau im obersten Führungsgremium. Im Vergleich dazu haben gerade mal vier Prozent der Gesellschaften mindestens zwei weibliche Vorstandsmitglieder: Allianz, Daimler, Deutsche Bank, SAP, Siemens, Aareal Bank und Telefonica Deutschland. Und nur vier Unternehmen haben eine Frau als Vorstandschef – die S-Dax-Unternehmen DIC Asset sowie Hamburger Hafen und Logistik und die Tec-Dax-Unternehmen GFT und Medigene. Im vergangenen Jahr seien zudem mehr Männer neu in die Vorstände gekommen als Frauen: die Zahl der männlichen Chefs stieg um zwölf auf 636, die der weiblichen lediglich um drei auf 50. Frauen sind in Unternehmen meist für Produktion, das operative Geschäft sowie Personal zuständig.

In Dax-Konzerne ist die meiste Bewegung

Betrachtet man die Börsensegmente getrennt, ist die meiste Bewegung bei den Dax-Unternehmen. Hier liegt der Frauenanteil in den Vorständen inzwischen bei knapp 13 Prozent. In den anderen Segmenten herrscht entweder Stillstand oder aber die Lage für Frauen hat sich nur geringfügig verbessert. Deutsche Konzerne hätten in der jüngsten Vergangenheit zwar viel in Programme zur Frauenförderung investiert. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, so EY-Partnerin Hasbargen. „Allerdings brauchen wir neben der gezielten Förderung der Frauenkarrieren beispielsweise über frauenspezifische Netzwerke oder Kurse für angehende Führungskräfte hinaus vor allem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer und Frauen“. Aber auch das reiche nicht. Vielfach würden sich heute die Frauen um die Kinder kümmern. Hasbargen fordert ein Umdenken in den Unternehmen, aber auch in den Köpfen der Frauen und ihrer Partner. „Tradierte Rollenbilder – etwa das der Frau, die zu Hause bleibt und die Familie managt, während der Mann das Geld verdient – sind noch immer nicht überwunden. Es sind aber häufig genau diese Bilder, die erfolgreiche Frauenkarrieren schon früh im Keim ersticken“, so Hasbargen. Sie rät den Unternehmen, Frauen so zu motivieren, dass sie sich für Karriere interessierten. Dabei verweist sie auf den Fachkräftemangel, der angesichts der guten Konjunktur immer deutlicher werde. Die EY-Expertin sagt voraus, wer Frauen keine attraktiven Angebote mache, könnte im Wettbewerb um Fachkräfte das Nahsehen haben.