Es werde Licht! Die Frage ist nur: Wie viel? Foto: dpa

Das Universum ist ein dunkler Ort. Etwas mehr Licht kann da nicht schaden. Aber wie zählt man eigentlich Photonen?

Stuttgart - Wer sich mit so komplizierten Dingen wie Gravitationswellen, der String-Theorie oder den ersten Milliardstelsekunden nach dem Urknall beschäftigt, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich intelligent. Deshalb gibt es unter Astrophysikern viele helle Köpfe. Besonders helle Vertreter dieses Fachs von der Universität Clemson im US-Bundesstaat South Carolina haben sich kürzlich der Frage gewidmet, wie hell es eigentlich im Universum ist. Genauer gesagt wollten sie wissen, wie viele Lichtteilchen (Photonen) seit der Entstehung des Weltalls von allen dort versammelten Sternen ausgestrahlt worden sind.

Vier mal zehn hoch 84

Im Gegensatz zu Erbsen lassen sich Photonen aber nicht so einfach zählen. Schließlich sind sie mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs – und ehe man sich’s versieht, sind sie weitergedüst. Außerdem hat das Universum bekanntlich schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. Es hat schon Photonen produziert, als unsere Galaxie quasi noch in den Windeln lag. Deshalb haben die Forscher die Zahl indirekt ermittelt, in dem sie mit Hilfe des Satelliten Fermi die Gammastrahlung von 740 Objekten im Universum erfassten. Diese energiereiche Strahlung entsteht beim Zerfall von Atomkernen. Nach komplizierten Berechnungen, die wir unseren Lesern aus Platzgründen leider vorenthalten müssen, kamen die Forscher auf eine beeindruckende Zahl von Photonen, die jetzt im US-Fachblatt „Science“ veröffentlicht wurde: vier Quattordezillionen – oder ausgeschrieben: 4 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000. Wer sich ein bisschen besser mit Mathe auskennt, darf stattdessen auch vier mal zehn hoch 84 sagen.

Ohne weiter ins Detail zu gehen, kann man sagen, dass das mit Sicherheit eine ganze Menge Licht ist. Und das ist auch bitter nötig, denn nach den Vorstellungen der Mehrheit der Astrophysiker wird das Universum von ziemlich düsteren Gestalten dominiert – nämlich von Dunkler Materie und Dunkler Energie. Da können ein paar Quattordezillionen von Photonen zum Ausgleich nicht schaden. Nach der vorherrschenden Lehrmeinung liegt der Anteil der uns bekannten Materie und Energie am gesamtem Universum bei weniger als fünf Prozent. Rund ein Viertel entfällt auf Dunkle Materie und gut 70 Prozent auf Dunkle Energie.

Suche nach der Weltformel

Direkt nachgewiesen wurde allerdings bis heute keine der beiden Größen. Sie werden aber dringend gebraucht, um die Geschwindigkeit zu erklären, mit der sich das Universum ausdehnt. Sonst gehen nämlich die schönen Formeln der Astrophysiker nicht mehr auf. Bekanntlich suchen die bis heute nach einer Art Weltformel, die alle bekannten physikalischen Phänomene erklärt. Zugleich soll diese Formel nach den Vorstellungen der Forscher von einer mathematischen Eleganz sein, die die Welt noch nicht gesehen hat. Diese Suche nach immer schöneren Formeln führe in eine Sackgasse, schreibt die deutsche Physikerin Sabine Hossenfelder in ihrem Buch „Das Hässliche Universum“. Mit anderen Worten: der Natur ist es vollkommen wurst, ob sich alles, was sie tut, mathematisch beschreiben lässt. Und sollte es wider Erwarten doch gelingen, kapiert es am Ende ohnehin kein Normalsterblicher.

Viele haben ja schon Probleme mit dem unfallfreien Zählen, wenn es mal über den sechsstelligen Bereich hinausgeht. Zu allem Überfluss zählen die Amerikaner auch noch anders als die Deutschen. Wenn US-Präsident Donald Trump großspurig von „Billions“ spricht, sind das in unserer Zählweise nur Milliarden. Verdammt, jetzt haben wir vor lauter Zahlenspielereien ganz vergessen, weiter Photonen zu zählen. War da nicht schon wieder eines? Es ist zum Verrücktwerden.