Die Internetseite frag-mutti.de gibt es seit dem Jahr 2004. Inzwischen finden sich mehr als 30 000 Einträge zu allen möglichen Themen auf der Plattform. Foto: Simon Granville

2,5 Millionen Besucher im Monat zählt die Internetplattform www.frag-mutti.de. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Seite aus dem Kreis Ludwigsburg?

Freudental/Bietigheim - Es ist nicht so, dass Bernhard Finkbeiner die Menschheit per se für doof hält. Aber von der Unwissenheit und Bequemlichkeit vieler profitiert der 38-Jährige schon. Die Antworten auf drängende Fragen des Alltags sind heutzutage nur einen Griff zum Smartphone und ein paar wenige Klicks beziehungsweise Tipper entfernt. Meist reichen zwei, drei prägnante Schlagworte, und Suchmaschinen spucken Hunderttausende Ergebnisse auf jede noch so absurde Frage aus.

Viele Nutzer landen auf Finkbeiners Internetplattform frag-mutti.de. Das Geschäft mit den Fragen und Antworten für jede Lebenslage läuft. Der studierte Informatiker kann gut davon leben, in seiner Firma in Bietigheim-Bissingen beschäftigt er sieben Mitarbeiter und ein paar Aushilfskräfte. 2,5 Millionen Besucher kommen in etwa jeden Monat auf die Plattform – sie sind auf der Suche nach den unterschiedlichsten Dingen. Wie man Salzkartoffeln kocht, was das beste Rezept für eine bestimmte Art von Kuchen ist, oder wie man Schimmel aus der Dusche bekommt. Finkbeiner hat auf viele dieser Fragen inzwischen selbst Antworten. Er ist ein gestandener Geschäftsmann, zweifacher Familienvater, „ganz gut kochen kann ich auch“, sagt er. Aber das war nicht immer so.

Mama wusste Rat, die Internetseite war geboren

Als Student kämpfte Finkbeiner gemeinsam mit seinem Kompagnon Hans-Jörg Brekle gegen den Alltag und seine Tücken. Schon die Frage danach, wie man Salzkartoffeln richtig kocht, stellte die Freunde eines Tages vor eine schier unlösbare Aufgabe. Was machen junge Männer in so einer Situation? Natürlich Mama fragen! Brekles Mutter, eine erfahrene Hausfrau, wusste Rat. Dem Ausruf des Sohnemanns nach dem Telefonat, „www.frag-mutti.de“, verdankt die Seite ihren Namen. Zuerst war es nur ein Hobby für die beiden, 2009 entschied sich Finkbeiner nach seinem Studium dann für die Selbstständigkeit. Das Projekt ist durchaus eine Erfolgsgeschichte – auch außerhalb des Netzes.

Kurz nach dem Start klopfte ein Verlag an, der die Ideen aus dem Netz auf Papier bringen wollte. So schrieben Finkbeiner und Brekle insgesamt vier Bücher mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Bei „Stern TV“ mit Günther Jauch waren sie über mehrere Jahre quasi Dauergäste und maßen sich in Alltagsduellen gegen jede Menge ernst zu nehmende und weniger ernst zu nehmende Gegner.

Im Internet ist der Erfolg der Plattform umso beachtlicher, bedenkt man, wie groß die Konkurrenz in den Weiten des WWW ist. Auf Rezeptseiten oder solchen mit Haushaltstipps stößt man an jeder Ecke. Brekle ist inzwischen aus der Firma ausgestiegen, „auch das mit den Büchern ist durch“, sagt Finkbeiner. Ein paar wenige würden noch verkauft.

33 000 Tipps und Tricks

In seiner Zeit als Frag-Mutti-Chef hat Finkbeiner jede Menge über die Vorlieben und Gewohnheiten der deutschsprachigen Nutzer gelernt. Von der Ursprungsidee, hilflose Studenten und Junggesellen vor dem Hungertod zu bewahren oder davor, sich bei Handwerkerarbeiten ernsthaft zu verletzen, hat sich die Seite inzwischen entfernt. Sie ist auch kein Forum, in dem sich Hausfrauen darüber austauschen, wie man Kirschflecken in Sitzmöbeln am besten beseitigt. „Es ist eine gute Mischung“, sagt Finkbeiner. Zu Haushaltsthemen – Rezepten, Koch-, Wasch- und Putztipps – gesellen sich Beiträge zu Gesundheit, Familie und Do-it-yourself-Themen.

Einige feiern dabei in schöner Regelmäßigkeit Renaissance: Im Herbst zum Beispiel Rezepte für Pflaumenkuchen vom Blech, Mayonnaise selber machen ist eher etwas für die Sommerzeit. Etwa 33 000 Einträge haben Laien, Experten sowie das Team hinter der Seite über die Jahre gesammelt. Die ersten 50 kamen von Bernhard Finkbeiners Mutter.

Dass das Publikum auf frag-mutti.de vor allem weiblich ist, überrascht den Chef nicht. „Frauen lassen sich, glaube ich, einfach auch gerner inspirieren“, sagt Finkbeiner, ohne sein Schwäbisch zu verstecken. Generell sei das Vorurteil, dass sich nur junge Menschen im Netz tummeln, überholt. „Die älteren sind zwar etwas vorsichtiger unterwegs, aber dafür sehr viel loyaler“, sagt Finkbeiner.

Das Handy verändert die Plattform

Weil inzwischen vor allem auf Smartphones gesurft wird, stößt die Plattform aber auch an ihre Grenzen. Denn auf dem Handy tippen viel weniger Leute mal schnell ein komplettes Rezept ein. Gegensteuern will frag-mutti.de mit einem neuen Belohnungssystem für besonders fleißige Mitglieder.

Ein Selbstläufer wie es seine Plattform nach ihrer Gründung einige Jahre war, ist sie auch aus einem anderen Grund nicht mehr. Suchmaschinen – allen voran der Platzhirsch Google – sind für Finkbeiner Fluch und Segen zugleich. Zum einen kommen über sie die meisten User auf die Plattform, zum anderen ist der Onlineriese führend in Sachen Werbung, die Haupteinnahmequelle der Seite. „Wenn Google wieder einmal an seinem Algorithmus schraubt, dann müssen wir reagieren“, sagt Finkbeiner. Dass er sein Geschäftsmodell aber irgendwann noch mal komplett ummodeln muss, befürchtet er nicht. Dazu wissen einfach noch immer zu wenige Leute, wie man gescheite Salzkartoffeln kocht...