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Am Abschlusstag des Nato-Gipfels haben am Samstag in Kehl doch noch knapp 4000 Menschen gegen das Militärbündnis demonstriert. Nach Ausschreitungen an der Europabrücke stoppte die Polizei allerdings die Demonstration.

Straßburg - Kurz vor Abschluss des Nato-Gipfels haben am Samstag bei der größten Kundgebung auf deutscher Seite bis zu 4000 Demonstranten gegen das Militärbündnis protestiert. Nach schweren Ausschreitungen an der Europabrücke in Straßburg stoppte die deutsche Polizei allerdings die Demonstration. Die Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg wurde mit Sperrgittern abgeriegelt. Wenig Stunden zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Länder auf einer parallel dazu verlaufenden Fußgängerbrücke ihren letzten Gipfel-Auftritt auf deutschem Boden: Bei strahlendem Sonnenschein schlenderten US-Präsident Barack Obama und seine Verbündeten über die "Passerelle des deux Rives" ("Brücke der zwei Ufer") von der badischen Stadt Kehl nach Straßburg.

In der elsässischen Metropole sollte der zweitägige Gipfel am Nachmittag zu Ende gehen. Überwiegend schwarz gekleidete Demonstranten warfen dort Steine und Flaschen und feuerten Leuchtraketen ab. In ein altes Zollhaus an der Europabrücke wurden Brandsätze geworfen. Die Polizei setzte massiv Tränengas ein. Über mögliche Verletzte machten die Behörden zunächst keine Angaben. Der Protestzug in Kehl wollte ursprünglich zu der zentralen Kundgebung in der elsässischen Metropole marschieren. Zahlreiche Wasserwerfer fuhren auf deutscher Seite auf.

In der Mitte der Fußgängerbrücke hatten die 28 Staats- und Regierungschefs der Nato-Länder am Vormittag mit einem feierlichen Handschlag die Rückkehr Frankreichs in die militärische Kommandostruktur des Bündnisses gefeiert. Während Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy von Straßburg aus über die Brücke schritt, gingen Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die übrigen NATO-Spitzenpolitiker von Kehl aus auf ihn zu. Die Polizei sperrte das Gelände am Ufer weiträumig ab.

Die Feierlichkeiten begannen mit fast einer Stunde Verspätung. Für Verwunderung sorgte Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der minutenlang - und für alle Gipfelteilnehmer sichtbar - mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan telefonierte. Merkel ließ er dafür auf dem roten Teppich warten. Selbst auf der Brücke hatte er kurzzeitig noch sein Handy am Ohr. Während des Treffens flogen Kampfjets der französischen Luftwaffe im Tiefflug über die "Passerelle des deux Rives" ("Brücke der zwei Ufer") und zogen einen Rauchschweif in den Nato-Farben blau und weiß - den Farben der Nato - hinter sich her.

Auf das historische Bild auf der Brücke wollten offenbar auch Nato-Gegner. Fünf Menschen waren mit einem Schlauchboot auf dem Rhein Richtung Brücke unterwegs. Andere stiegen südlich von Kehl mit einem Heißluftballon in die Luft. Zudem entdeckte die Polizei Frauen und Männer in Taucheranzügen, mehrere Menschen schwammen außerdem durch den abgesperrten Rhein Richtung Brücke. 26 Menschen wurden vorläufig festgenommen, waren wenig später aber wieder auf freiem Fuß.

In Baden-Baden herrschte dagegen einen Tag nach dem Gipfelauftakt schon wieder Kurstadt-Atmosphäre. Die meisten der rund 6000 Polizisten waren bis zum Mittag abgezogen, die Absperrgitter beseitigt. Auch rund um den Gipfel-Tagungsort im Kurhaus flanierten wieder Spaziergänger. Baden-Badens Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner (CDU) zeigte sich erleichtert. "Als friedlicher Austragungsort haben wir eine gute Figur gemacht", sagte er. Die Stadt habe sich sehr gut verkauft. "Ich bin wunschlos glücklich." Baden-Württembergs Polizeipräsident Erwin Hetger sagte: "In Baden-Baden gab es keinen Nato-Stress."

Alles andere als friedlich ging es bereits seit dem frühen Morgen auf französischer Seite zu. Mehrere hundert Nato-Gegner lieferten sich in Straßburg schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Sicherheitskräfte schossen in Richtung der überwiegend schwarzgekleideten Demonstranten Tränengasgranaten. Die Nato-Gegner versuchten, Polizeibarrikaden aus dem Weg zu räumen. Vereinzelt flogen Steine auf die Beamten.