Berlin, Hauptstadt der Subkultur: Zu diesem Ruf wesentlich beigetragen hat das besetzte Künstlerhaus Tacheles in der Oranienburger Straße. Andreas Rost hat es Anfang der 90er Jahre als Ruine fotografiert. Mehr Bilder finden Sie in unserer Bildergalerie. Foto: Andreas Rost

Der Charme des Ruinösen: Eine ambitionierte Bilderschau zeigt, wie Fotografen die deutsche Hauptstadt vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur Jahrtausendwende erlebt haben.

Berlin - Kaputt! Das ist der Grundmodus dieser Stadt und für viele das Interessanteste an ihr. Auch für die meisten der 23 Fotografinnen und Fotografen, die das Ausstellungsprojekt „Berlin 1945 – 2000“ zusammenführt. Die mehr als 200 Bilder dokumentieren einen fortwährenden Ausnahmezustand, der in Berlin als normal gilt.

Die Zeitreise beginnt mit Fotos aus der zerbombten Stadt. Herbert Hensky zeigt die legendären Trümmerfrauen bei der Arbeit oder zwei Jungs beim Angeln an der Spree, in der sich pittoresk die Ruinen spiegeln. Berlin gibt niemals auf – das ist auch die Botschaft von Will McBride, dem wohl berühmtesten Berlin-Fotografen der Aufbaujahre, der die Menschen alsbald auch wieder im Strandbad Wannsee oder bei einer Dampferfahrt festhält.

Hauptstadt der Subkultur

Wie die Stadt nach dem Mauerbau mehr und mehr in zwei Teile zerfällt, lässt sich in vielen Aufnahmen gut ablesen. Gundula Schulze-Eldowy fotografiert im Osten Menschen im Sozialismus. Sie sind arm, sie sind alt und ohne Zuversicht, aber nicht schrill.

Miron Zownir ist etwa zur gleichen Zeit im Westen unterwegs. Hier, im freien Teil der Stadt, ob im Sadomaso-Keller oder auf der Straße, heißt unterprivilegiert oft auch: schrill und schräg. Berlin wird so zur Hauptstadt der Subkultur. Ihr prächtigster Tempel ist nach der Wende das besetzte Künstlerhaus in der Oranienburger Straße. Andreas Rost zeigt es in seiner Serie Tacheles – Alltag im Chaos: liebevoll als Ruine.

Lesen Sie auch: Die eindringlichen Bilder des Fotografen Sven Simon

Einen Kontrapunkt bilden zum Beispiel die strengen Architekturbilder von Anno Wilms: Neue Nationalgalerie, Europacenter, Märkisches Viertel. Berlin macht sich auch mal schön – oder versucht es wenigstens.