Lewis Hamilton: Wohin führt sein Weg? Foto: AP/Hassan Ammar

Nach dem Saisonfinale der Formel 1 in Abu Dhabi zählt nur noch die Frage, wer 2021 in welchem Cockpit sitzt.

Abu Dhabi - Lewis Hamiltons Machtdemonstration zum Abschluss seines sechsten Championsjahr? Geschichte. Ferraris erneuter Pannen-Grand-Prix, haarscharf an einer Disqualifikation vorbei? Nur noch eine Fußnote. Die Formel 1 denkt nach dem Großen Preis von Abu Dhabi längst weiter. Und zwar schon an die übernächste Saison. Das ist selbst für eine Disziplin, die sich in ihrer Aufgeregtheit gelegentlich selbst überholt, erstaunlich. Aber 2021 ändern sich die Regeln gewaltig, und das nicht nur technisch.

Dann gilt auch ein Budgetdeckel von 175 Millionen Dollar, was die großen und reichen Rennställe einbremsen und damit das Feld wieder ausgeglichener machen soll. Die großen Gewinner, vor allem finanziell, können dabei die Rennfahrer sein. Sie werden dann ein noch stärkerer Faktor für den Erfolg. Dazu sind die Chauffeur-Gehälter von der Deckelung ausgenommen, außerdem laufen im kommenden Sommer bei den drei Top-Teams Mercedes, Ferrari und Red Bull Racing alle Verträge aus. „Wenn sich die Autos angleichen, werden die Fahrer wieder der wichtigste Faktor. Das werden sich Hamilton, Verstappen und Leclerc bezahlen lassen“, vermutet Red-Bull-Berater Helmut Marko eine Explosion der Gehälter.

Mögliche Erpressung

Der Österreicher hegt sogar noch schlimmere Befürchtungen: „Wenn sie sich absprechen, könnten sie die Teams erpressen...“ Aber die ganze Angelegenheit lässt sich auch äußerst positiv sehen: Ein Ringtausch etwa zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel würde eine Menge frischen Wind in die Szene bringen.

So fantastisch, wie das momentan klingen mag, ist es gar nicht. Fiat-Boss John Elkann soll sich in diesem Jahr schon zweimal mit Hamilton getroffen haben. Dazu machte Scuderia-Teamchef Mattia Binotto dem Briten in der Wüste öffentlich Komplimente. „Ich glaube, es ist das erste Kompliment, dass ich in 13 Jahren von Ferrari bekommen habe“, wunderte sich der 34-Jährige und meinte: „Natürlich ist es klug und vernünftig für mich, sich hinzusetzen und darüber nachzudenken, was ich will.“

„Jeder ist frei. Ich verstehe es, wenn ein Fahrer verschiedene Optionen evaluiert, und dann die beste Entscheidung für sich trifft. Wir müssen sicherstellen, dass wir das beste Auto hinstellen. Dann werden wir auch die besten Fahrer in unseren Autos haben“, gibt sich derweil Mercedes-Teamchef Toto Wolff gelassen, „wir wollen mit Lewis weitermachen. Vieles spricht dafür. Aber man weiß nie, was passiert.“ Der Österreicher selbst könnte den Arbeitgeber wechseln und Chef der Formel 1 werden.

Beachtliche Summen

Die Summen, um die es geht, sind beachtlich: Lewis Hamilton wird auf 50 Millionen Dollar per anno taxiert, Sebastian Vettel auf 40 Millionen. Dagegen sind Max Verstappen mit zwölf Millionen und Charles Leclerc mit drei Millionen beinahe Schnäppchen. Aber das wird sich schnell ändern, denn der Vertrags-Poker ist an allen Orten bereits in vollem Gange. Christian Horner, der Teamchef von Red Bull Racing, ist einer der gewieftesten Taktiker in dem beginnenden Poker. Er setzt Wohl und Wehe seines Rennstalls auf den vom Getränkekonzern schon früh geförderten Verstappen, befindet aber auch, dass im Grand-Prix-Sport schon lange nicht mehr so viele talentierte Fahrer wie gerade jetzt am Start waren: „Die Formel 1 kann froh sein, mit Max und Charles Leclerc zwei so hochkarätige Fahrer aus dieser Generation zu haben. Sie werden sich in Zukunft große Kämpfe liefern. Und Lewis Hamilton wird auch noch eine Weile dabei sein. Die beiden Herausforderer zeigen jetzt, wie viel Leben noch immer in ihm steckt. Lewis ist motiviert, es den Jungen noch einmal zu zeigen. Schreibt mir auch Sebastian nicht ab. Der kommt wieder zurück.“

Eine abwechslungsreiche Saison

Exakt diese wechselseitigen Herausforderungen haben dieses Rennjahr so abwechslungsreich gemacht. Jedwede neue Koalitionen zwischen Fahrern und Teams scheinen nach der momentanen Eingefahrenheit für die Zukunft denkbar, zumindest theoretisch. Lewis Hamilton hat verkündet, dass er als Pionier in der neuen Ära mitwirken möchte, und natürlich um Michael Schumachers Rekord von sieben Titeln zu brechen. Sebastian Vettel, der viel Mühe mit sich und dem roten Auto, aber noch mehr mit Charles Leclerc hatte, schließt auch nach der Geburt des dritten Kindes eine weitere Karriere in der Königsklasse nicht aus. Der 32-Jährige will abwarten, wo die Perspektive am besten ist, hat dabei aber nicht unbedingt die erste Wahl. Und zu einem möglichen Wechsel von Hamilton zu Ferrari bemerkt der Heppenheimer mit einem Augenzwinkern: „Ich glaube, er ist schon ein Ferrari-Fahrer. Er ist ein guter Kunde“, meinte der Deutsche über den auch mit Straßenautos der Scuderia bestückten privaten Fuhrpark des sechsmaligen Weltmeisters.