Lewis Hamilton muss sich in Sotschi mit Platz drei begnügen – bleibt aber auf WM-Kurs. Foto: dpa/Kirill Kudryavtsev

Der Mercedes-Pilot hat beim Großen Preis von Russland Pech, bekommt Zeitstrafen aufgebrummt und muss seinem Teamkollegen Valtteri Bottas den Sieg überlassen. Der hat nun vage Hoffnungen, im WM-Kampf doch noch eine Rolle spielen zu können.

Stuttgart - Zwei Rekorde konnten in Sotschi eingestellt werden: die 91 Grand-Prix-Siege von Michael Schumacher und die 323 Rennstarts seines damaligen Ferrari-Gehilfen Rubens Barrichello. Am Ende feierte aber nur ein Pilot den Sprung auf den Topplatz der ewigen Bestenliste, und zwar der Alfa-Romeo-Pilot Kimi Räikkönen, der wie Barrichello jetzt auf 323 Rennen kommt. Lewis Hamilton dagegen muss noch warten.

Sein Nichtsieg von Sotschi lässt Schumacher mindestens noch zwei Wochen länger Rekordhalter sein. Hamilton wird es verkraften, obwohl er während des Großen Preises von Russland wegen unerlaubter Startübungen mit Zeitstrafen belegt – und damit wohl auch um den Sieg gebracht – wurde. „Alles, um mich einzubremsen“, schimpfte der Engländer über Funk und meinte die Rennkommissare der Fia. Ein paar andere Ausdrücke waren wegen der dürftigen Tonqualität nicht zu verstehen. Vermutlich war es besser so, denn so Formel-1-Rennen befindet sich ja meist nicht im späteren Abendprogramm.

Der brave Kollege gewinnt

Sieger der Rundfahrt auf dem Olympiagelände der Winterspiele 2014 wurde Hamiltons braver Teamkollege Valtteri Bottas. Es ist die Aufgabe des zweiten Mannes, die Ernte einzufahren, falls der Chef im Team dazu mal nicht in der Lage ist. „Es ist super, mal wieder gewonnen zu haben, jetzt versuche ich, noch einige Punkte gegen Lewis zu holen“, sagte Bottas und kündigte damit die vage Hoffnung an, im WM-Rennen vielleicht doch noch etwas gegen den großen Partner auszurichten. Hamilton selbst wollte auf seine Strafen gar nicht mehr detailliert eingehen. „Es war nicht der tollste Tag für mich, aber so ist es halt. Was geschah, ist nicht mehr so wichtig, ich nehme die Punkte mit, die ich geholt habe“, sagte der Drittplatzierte hinter dem Red-Bull-Mann Max Verstappen.

Zum neuerlichen Sieg der Silberpfeile – auch wenn’s keiner von Hamilton war – kam auch die Botschaft von Sportchef Toto Wolff, entgegen anderslautender Gerüchte wohl doch bei Mercedes bleiben zu wollen, in welcher Funktion auch immer. „Mein Platz ist bei Mercedes, ich sehe immer noch mehr Verbesserungspotenzial für das Team“, meinte der Österreicher in Sotschi, der das so auch Hamilton und Bottas mitgeteilt habe, wie er sagt. Dieses Bekenntnis zur Truppe soll wohl auch den Entscheidungsprozess des sechsmaligen Weltmeisters positiv beeinflussen und zum Bleiben bewegen.

Wo liegt die Zukunft?

Ob Lewis Hamilton auch im kommenden Jahr im Silberpfeil sitzt, das hält der 35 Jahre alte Frontmann der Rennserie ja nach wie vor seltsam offen. „Es sind schwierige Zeiten in der Welt, es ist nicht einfach, da Verhandlungen zu führen“, sagte der Rennfahrer. Er würde den Weg gerne mit Toto Wolff zusammen weitergehen, meinte er noch, „doch am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, wie seine Zukunft aussehen soll“.

Und wie sieht seine nahe Zukunft in der Formel 1 aus? Vor ihm liegt der Schumacher-Rekord von 91 Siegen und am Ende auch die Einstellung seiner bedeutendsten Bestmarke von sieben gewonnenen Weltmeisterschaften. Sie würde den Briten wohl dazu veranlassen, auch 2021 Mercedes zu fahren, denn jünger wird er nicht – und die Chancen auf den achten WM-Titel, mit dem er allein das Ranking anführen würde, liegen bei dem schwäbisch-britischen Team höher als irgendwo anders. Die Frage ist, warum sich Hamilton noch ziert mit einer Vertragsunterschrift. Vielleicht ist ja auch in der Personalie Toto Wolff, den jüngsten Treuebekenntnissen zum Trotz, das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Ein verhauenes Rennen

Der Sotschi-Trip hat Hamilton derweil auf dem Weg zu seinem nächsten WM-Titel nicht zu viel Vorsprung gekostet. Das von zwei Unfällen in der ersten Runde mühsam vorangegangene und durch seine Strafen verhauene Rennen war für ihn eher eines zum Vergessen. Aber eines, das ihn bei immer noch 44 Punkten Vorsprung vor Bottas, der nach seinem Sieg beim Auftakt in Österreich sein zweites Saisonrennen gewann (Hamilton siegte sechsmal), noch ruhig schlafen lässt. Viel passiert ist da noch nicht.

Bei Sebastian Vettel ist dagegen sogar überhaupt nichts passiert. Er wurde 13. im Rennen und blieb damit auch auf Platz 13 des WM-Rankings. Der Heppenheimer scheint sich mit seinem nicht konkurrenzfähigen, launischen Ferrari im hinteren Drittel des Tableaus gemütlich einzurichten. Sich darüber aufzuregen, über diesen Punkt scheint der Deutsche längst hinweg zu sein. Außerdem gab’s ja auch ein bisserl was zu feiern: den Rekord seines Kumpels Kimi Räikkönen – und natürlich auch den eigenen 250. Formel-1-Grand-Prix, den Vettel in Sotschi absolvierte.