Verpflichtung des Iceman könnte für Ferrari ein Spiel mit dem Feuer sein: Kimi Räikkönen Foto: Getty Images AsiaPac

Die Formel-1-Experten diskutieren vor dem Saisonstart vor allem über die Schwächen von Weltmeister Red Bull und die Stärken von Mercedes – über Ferrari spricht kaum jemand. Dabei hat das Auto der Scuderia in den Tests durchaus überzeugt, nur mit den beiden Piloten könnte es Ärger geben.

Melbourne - „Wir haben es satt, auf Platz zwei zu landen!“ Luca di Montezemolo sprach aus, was die Ferraristi in aller Welt denken. Zwischen 2010 und 2013 landete die Scuderia aus Maranello viermal auf dem Rang hinter dem Weltmeister – dreimal wurde Fernando Alonso WM-Vize (2010, 2012, 2013), einmal das Team in der Konstrukteurs-WM (2012). Da ist es an der Zeit, wie der Ferrari-Präsident einmal mit der Faust auf den Tisch zu hauen, und di Montezemolo begründete auch, warum er es satt hat. „Die Bedingungen, um gute Leistungen zu bringen, sind absolut vorhanden“, unterstrich der Avvocato vor dem Saisonstart an diesem Sonntag (7 Uhr/RTL, Sky) in Melbourne.

Ferrari hat kräftig investiert, um wieder ganz nach oben zu kommen. Ingenieure und Techniker wurden von Konkurrenten weggelockt, der marode Windkanal wurde komplett erneuert, und auch der Simulator ist nun auf dem neuesten Stand. Abgesehen von di Montezemolos lautstarkem Appell war es in der Saisonvorbereitung jedoch erstaunlich ruhig um die Roten. Die Hälfte aller Experten rätselte mit Weltmeister Sebastian Vettel, warum sich der Red-Bull-Bolide auf der Piste wie eine müde Milchkuh aufführt; die andere Hälfte lobte Mercedes für die glänzende Arbeit und erklärte die Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg zu Topfavoriten. Um Ferrari kümmerte sich fast niemand. Irgendwie unbemerkt spulten Alonso und Kimi Räikkönen ihre Tests ab, ohne groß aufzufallen – nicht extrem positiv, aber keineswegs negativ. „Wir sollten weder zu pessimistisch noch zu optimistisch sein“, sagte Alonso, „es wird ein Blindversuch.“ Fragezeichen bei Ferrari.

Die Aussage muss ein wenig als Augenwischerei bezeichnet werden. Denn mit Ferrari ist in Melbourne zu rechnen, der F14 T hat seine Zuverlässigkeit bewiesen und ist schnell. Nach den Testeindrücken kann er mit dem hochgelobten Silberpfeil W005 mithalten. Daran zweifelt auch Alexander Wurz nicht. „Ferrari ist auf einer Runde sicher mit vorn dabei“, sagt der ehemalige Formel-1-Pilot. Aber der Österreicher macht eine deutliche Einschränkung: „Es könnte sein, dass das Auto beim Spritverbrauch etwas höher liegt.“

Der Ferrari als Spritfresser, das wäre allerdings fatal. Dann müssten Alonso und Räikkönen wegen des Benzinlimits von 100 Kilogramm (etwa 135 Liter) früher als die Mercedes-Konkurrenten den Motor auf Spritsparmodus schalten und könnten über die gesamte Grand-Prix-Distanz nicht mehr mithalten. Alonso versucht diese Befürchtung zu relativieren. „Wir konnten auch 2013 nicht volle Power fahren“, erklärte der Spanier, „damals hatten wir von der ersten Runde an den Reifenverschleiß im Blick. Jetzt kommt eben noch der Sprit hinzu.“

Was für den Ex-Weltmeister zudem neu ist: Der Teamkollege heißt Räikkönen und ist ein echter Gegner, im Gegensatz zu Felipe Massa, der jahrelang als willfähriger Adjutant galt. Der interne Zweikampf, so die Albträume der Ferraristi, könnte den heißblütigen Spanier und den eiskalten Finnen dazu verleiten, sich gegenseitig zu bekriegen – ohne Rücksicht auf den Spritverbrauch. Ohne Rücksicht auf das Teamergebnis.

Der Ärger scheint fast programmiert, was an der kritischen Synthese von Feuer und Eis liegt. „Kimi lässt sich nichts sagen, er macht sein Ding“, charakterisierte der ehemalige Formel-1-Teamchef Eddie Jordan den notorischen Schweiger aus Espoo. Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve bezeichnete Räikkönen als „beratungsresistent“. Und Alonso ist nur wirklich kompatibel, wenn das Team nach seinem Gusto funktioniert. 2007 bei McLaren fühlte er sich gegenüber Hamilton benachteiligt, er lieferte sich mit dem Briten ein Duell neben und auf der Piste – mit dem Resultat, dass Räikkönen mit einem Punkt Vorsprung auf die beiden den Titel gewann.

Der Finne saß da im Ferrari; es war der bislang letzte Fahrertitel für die Roten, 2008 gewann die Scuderia noch die Konstrukteurs-WM. Seitdem reichte es lediglich für zweite Ränge. Luca di Montezemolo ist des Wartens auf einen Titel überdrüssig.