Die Projektpartner von Stuttgart 21 wollen Geld vom Bund: Regionaldirektorin Nicola Schelling, Ministerialdirektor Uwe Lahl (Land), Jens Bergmann (Bahn AG) und OB Fritz Kuhn (von links). Foto: Leif Piechowski

Im neuen Bahnknoten Stuttgart 21 soll keine alte Technik verbaut werden. Doch die Digitalisierung ist deutlich teurer als herkömmliche Signale und Stellwerke. Die Projektpartner wollen vom Bund rasch Förder­zusagen.

Stuttgart - Der politisch besetzte Lenkungskreis zum Bahnprojekt Stuttgart 21 erwartet von der Bundesregierung eine rasche Entscheidung über die Förderung der digitalen Ausstattung des Bahnknotens. Konkret geht es laut DB-Infrastruktur-Vorstand Jens Bergmann um 490 Millionen Euro, die der Bund für das digitale europäische Zug-Kontrollsystem ETCS in Stuttgart freigeben solle. Mit dieser Technik könne auf ortsfesten Signale und herkömmliche Stellwerke verzichtet werden, so Bergmann am Montag vor der Presse. Für die alte Technik waren im S-21-Etat (8,2 Milliarden) 160 Millionen Euro vorgesehen.

Die Bahn rüstet laut Bergmann die Rheinschiene mit Digitaltechnik aus, auf Teilen der Neubaustrecke München-Berlin sei ETCS eingebaut worden. Da Züge mit ETCS dichter aufeinander folgen können, wäre eine Kapazitätssteigerung möglich: „Wir brauchen wegen der Vergabe bis Frühjahr 2020 Klarheit vom Bund.“

Zusatzvertrag muss geschlossen werden

Kommt es zur Förderung aus dem Bundeshaushalt, wäre das rechtlich eine Projektänderung. „Den Vertrag über ETCS müssen wir zwischen uns noch gestalten“, sagte dazu Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne). Bis zum nächsten Lenkungskreis am 24. April 2020 wollen alle Baupartner „verbindliche und differenzierte Aussagen zur beabsichtigen Leistungssteigerung im gesamten Pilotprojekt“ und die „Terminsicherung im Hinblick auf die Inbetriebnahme von Stuttgart 21“, heißt es in einer Erklärung zum „Digitalen Knoten Stuttgart“. ETCS brauche bis zu „einem Jahr Testbetrieb“ so Uwe Lahl, der Ministerialdirektor im Landesverkehrsministerium.

Land und Verband Region Stuttgart drängen ebenfalls auf Zuschüsse, und zwar für alle Nahverkehrszüge und S-Bahnen. „Wir hoffen, dass für unsere S-Bahn alles bezahlt wird“, sagte Verbandsdirektorin Nicola Schelling. Man erwarte mindestens 50 Prozent Zuschuss, so Lahl. In den Haushalten 2019/2020 habe der Bund Geld vorgesehen, aber es sei es nicht freigegeben worden. „Der Verkehrsminister will uns unterstützen, der Finanzminister offenbar nicht“, so Lahl.

Bund hat zu wenig Mittel eingeplant

Die Summe allein für Züge und S-Bahnen nannte Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU) auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel im Bundestag: 300 Millionen Euro. Einschließlich Streckenausrüstung müssten also für ETCS in Stuttgart 790 Millionen Euro aufgewandt werden. Der Bund wolle laut Gastel von 2020 bis 2030 insgesamt aber „gerade einmal 570 Millionen Euro als Starterpaket zur Verfügung“ stellen – bundesweit. „Es gibt gute Gründe, auch die Strecke zum Flughafen mit einem Mischverkehr aus S-Bahnen, Regional- und Fernzügen ausschließlich mit ETCS auszurüsten“, sagt Gastel. Wenn der Bund keine Verzögerungen bei Stuttgart 21 wolle, werde er sich „in stärkerem Umfang als bisher zugesagt finanziell beteiligen müssen“.

Der sonstige Baufortschritt lasse bei S 21 wie geplant die Inbetriebnahme im Dezember 2025 erwarten, mehrere Tunnel stehen laut Bergmann vor dem Durchschlag. Flughafenchef Walter Schoefer erneuerte am Montag seine Forderung nach einem Interimshalt für die S-Bahn am Airport, wenn der bisherige S-Bahnhalt um einen für die Aufnahme der Gäubahnzüge ergänzt werde.