Der Stromhandel mit Österreich entwickelt sich für Deutschland zum Zuschussgeschäft. Gespräche zwischen Berlin und Wien haben bisher zu keinem Ergebnis geführt. Foto: dpa

Deutschland und Österreich liegen wegen des grenzüberschreitenden Stromhandels im Clinch. Die Bundesregierung will verhindern, dass deutsche Stromkunden für Elektrizitätslieferungen nach Österreich doppelt zahlen müssen.

Berlin - Die Bundesregierung will nicht mehr länger dabei zusehen, wie österreichische Stromversorger mit der Energiewende in Deutschland lukrative Geschäfte machen. Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, kündigte in Berlin Beschränkungen im Stromhandel mit dem Nachbarland an. Der Regierungsvertreter betonte zwar, davon sei nur ein kleiner Teil des Handels betroffen. Dennoch dürften die Maßnahmen Österreich an einer empfindlichen Stelle treffen. Sie stellen das Geschäftsmodell einiger Versorger in der Alpenrepublik in Frage.

Auf Anweisung der Bundesregierung ordnete die Bundesnetzagentur an, dass der Stromhandel mit Österreich in den nächsten zwei Jahren beschränkt werden soll. Die vier deutschen Betreiber von Übertragungsnetzen wurden aufgefordert, die „Engpassbewirtschaftung“ vorzubereiten. Bis Juli 2018 soll die Handelsbeschränkung greifen. Damit will Deutschland erreichen, dass künftig zwischen beiden Ländern nur so viel Strom gehandelt wird wie auch über die Grenze transportiert werden kann. Baake sagte, die österreichische Regierung sei bisher zu einer Verhandlungslösung nicht bereit gewesen.

Deutsche Stromkunden sollen nicht doppelt zahlen

Mit dem einseitigen Schritt will die Bundesregierung verhindern, dass deutsche Stromzahler künftig doppelt für Stromexporte nach Österreich zahlen müssen. Der Stromhandel mit Österreich ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, was mit der Energiewende in Deutschland zusammenhängt. Vor allem in Zeiten mit viel Sonnenschein und Wind kaufen österreichische Betriebe Strom in Deutschland zu günstigen Preisen ein. Dabei werden die ungenügenden Transportkapazitäten zum Problem. Weil die Mengen so stark gestiegen sind, reichen die deutschen Leitungen ins Nachbarland in Spitzenzeiten nicht aus. Die Folge ist, dass Stromkraftwerksbetreiber in Norddeutschland ihre Kapazitäten herunterfahren müssen. Gleichzeitig müssen die Kraftwerksbetreiber in Österreich ihre Anlagen erweitern, um die Lieferung der bestellten Mengen zu garantieren.

Der deutsche Stromkunde zahlt dabei in Spitzenzeiten zweifach: Er trägt die Kosten für das Herunterfahren der Anlagen in Deutschland und kommt auch noch für das Hochfahren der Anlagen in Österreich auf. Grund dafür ist, die sich deutschen Netzbetreiber Reservekapazitäten im Nachbarland gekauft haben, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. „Österreichische Händler importieren den Strom in bestimmten Situationen nur virtuell“, sagte Baake. Mit der Handelsbeschränkung sollen die Exporte gebremst werden.

Österreich profitiert von besonderen Bedingungen

Baake betonte, Deutschland handele dabei in voller Übereinstimmung mit den europäischen Regeln zum Binnenmarkt. Einschränkungen im Stromhandel gebe es auch künftig nur in Ausnahmesituationen, wenn der Handel die Transportmöglichkeiten an der Grenze übersteigt. Solche Einschränkungen seien gegenüber den meisten EU-Ländern üblich. Österreich profitiert bisher von besonderen Bedingungen. Zwischen Deutschland und Österreich besteht eine gemeinsame Handelszone mit einheitlichen Großhandelspreisen. Der Engpass an der Grenze wird nicht berücksichtigt. Diese Regelung stammt aus einer Zeit, als die gehandelten Mengen deutlich kleiner waren.

Baake begründete den Vorlauf bis zum Inkrafttreten der Maßnahmen damit, dass bereits abgeschlossene Lieferungen von den Maßnahmen nicht betroffen sein sollen. Deutschland zeigte sich nach wie vor bereit, mit Wien zu verhandeln. Die Bundesregierung reagierte mit der Ankündigung auch auf Beschwerden aus Polen und Tschechien, über deren Netze der Strom wegen der Engpässe nach Österreich fließt.