Politiker in Frankreich rufen zum Boykott von Amazon auf. Sie wollen damit den lokalen Buchhändlern helfen. Foto: AP/Michel Spingler

Die Buchhändler kämpfen in der Corona-Krise ums Überleben. Es wird während des Lockdowns zwar mehr gelesen, bestellt wird allerdings im Internet.

Paris - Unruhige Zeiten für Amazon in Frankreich. Dabei wurde der US-Versandhändler ohne eigenes Verschulden in einen Streit hereingezogen, in dessen Zentrum er nun steht. Denn der Konzern macht nichts Unlauteres: er liefert Bücher. Doch in den angespannten Zeiten von Corona kann auch das Alltägliche schnell zu einem Politikum werden. Inzwischen hat das Amazon-Thema in Frankreich die höchsten Ministerebenen erreicht.

Ausgangspunkt ist eine Anordnung der französischen Regierung, dass im Zuge des rigiden Corona-Lockdowns im Land alle „nicht relevanten“ Geschäfte schließen müssen. Dazu zählen in diesem Fall auch Buchhändler. Doch der Aufschrei angesichts dieses Schrittes ist groß – egal ob links, mitte oder rechts im politischen Spektrum.

Hilfe für Buchläden in Frankreich

An vorderster Front kämpfen die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, und der französische Schriftsteller Sylvain Tesson. Sie haben die Initiative „Entzündet das Licht in unseren Buchläden“ ins Leben gerufen. Das ist ein sehr poetisches Motto, die Ziele sind allerdings knallhart, denn sie fordern, dass die Geschäfte wieder öffnen dürfen, da ansonsten eine Pleitewelle drohe. „Die Pariser betrachten ihre Buchhandlung als unverzichtbares Gut“, erklärte Anne Hidalgo. Und dann plädierte sie an die Einwohner der Metropole. „Kaufen Sie bei ihrem Buchhändler. Sie können Ihr Buch dort bestellen und abholen.“

An dieser Stelle nun kommt das Unternehmen Amazon ins Spiel. Zwar kaufen die Franzosen während des Lockdowns mehr Bücher, die bestellen sie aber sehr oft bei dem Versandhändler. Der liefert die Ware direkt ins Haus, was ein gutes Argument ist, wenn man in Frankreich pro Tag nur eine Stunde aus dem Haus darf und sich auch nicht weiter als einen Kilometer von seiner Wohnung entfernen sollte.

„Kaufen Sie nicht bei Amazon“

Natürlich freut sich Anne Hidalgo, dass ihre Landsleute mehr lesen. Allerdings ärgert sie sich, dass davon vor allem der US-Gigant Amazon profitiert. In einem Interview mit dem Sender BFM.TV sagte sie deshalb: „Kaufen Sie nicht bei Amazon!“ Und weiter: „Ich sage es ganz deutlich: Amazon ist der Tod unserer Buchhandlungen und unseres nachbarschaftlichen Lebens.“

Rückendeckung erhielt die Bürgermeisterin von der französischen Kultusministerin Roselyne Bachelot. Sie versprach, dass die französischen Buchhandlungen von „erheblich reduzierten“ Postgebühren für den Versand bestellter Bücher profitieren werden. Dann legte sie nach. „Kaufen Sie keine Bücher auf digitalen Plattformen“, sagte sie dem Sender LCI. Doch das schien ihr offensichtlich nicht deutlich genug. Denn dann empfahl Roselyne Bachelot den Franzosen offen, sich nicht an das amerikanische Unternehmen zu wenden, dessen wirtschaftliches, soziales und ökologisches Modell seit vielen Jahren in der Kritik stehe. „Amazon sackt die Gewinne ein, es liegt an uns, dass es nicht so kommt“, sagte sie.

Buchhändler bekommen Porto ersetzt

Dann ging die französische Regierung mit der Unterstützung der Händler noch einen Schritt weiter. Man ließ wissen, dass unabhängigen Buchhändlern wegen der Zwangsschließung ihrer Läden die Versandkosten vollständig ersetzt würden. Dies solle es kleinen Händlern ermöglichen, „mit großen Internetplattformen“ in Konkurrenz zu treten, erklärte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, offensichtlich beeindruckt von den mehrtägigen Protesten der Buchhändler.

Inzwischen bekommen die kleinen Händler in der Corona-Krise Unterstützung von unerwarteter Seite. Die Supermarktkette Intermarché kündigte eine „solidarische Initiative“ an, damit Buchhändler und andere von der Schließung betroffene Einzelhändler ihre Produkte über deren Internetseiten vertreiben können. Nicht alle kleinen Geschäfte seien in der Lage, über das Internet zu verkaufen, sagte der Intermarché-Vorsitzende Thierry Cotillard. Beworben wird diese Initiative mit dem griffigen Slogan: „Désolé Amazon“ – Es tut uns leid, Amazon.