Deutsch lernen ist für die Flüchtlingskinder das Wichtigste, erst dann können sie von der Vorbereitungs- in eine Regelklasse wechseln. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Auf Schüler mit Fluchterfahrung sind Regelschulen nicht ausreichend ausgestattet. Die Geschäftsführenden Schulleiter fordern mehr Stellen für Schulsozialarbeiter und für die Schulsekretariate.

Stuttgart - Die Integration der Flüchtlingskinder führt viele Schulen an ihre Grenzen. Das berichteten Schulleiter im Schulbeirat. „Wir brauchen mehr Schulsozialarbeit“, forderte Barbara Koterbicki, die Geschäftsführende Leiterin der Real-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen und Leiterin der Schloss-Realschule im Westen – die halbe Stelle dort reiche nicht aus. Es sei ja keineswegs damit getan, die Flüchtlingskinder aus den Vorbereitungsklassen in den Regelklassen aufzunehmen. „Die eigentliche Integrationsarbeit beginnt in den Regelklassen“, betont die Schulleiterin. Aktuell sind dort laut Schulamt insgesamt bereits 859 Schüler, davon 346 in den Grundschulen, 260 an Werkrealschulen, 130 an Realschulen, 55 an Gemeinschaftsschulen, 24 an Gymnasien und 44 an beruflichen Schulen.

„Die Schüler brauchen Begleitung bis zur Prüfung“, berichtete Koterbicki. Unterstützung nötig hätten diese Jugendlichen zum einen immer noch beim Erlernen der deutschen Sprache – dabei stünden ihnen in der Schloss-Realschule Studierende der Uni Stuttgart, ehemalige Lehrer sowie ehrenamtliche Jugendbegleiter zur Seite. Aber die Schüler mit Fluchterfahrung brauchten auch soziale Unterstützung – dies gelte insbesondere auch für Jugendliche, die mit ihren Eltern geflohen seien. Viele hätten Dinge erlebt, über die sie nicht reden könnten. Ein Schüler verschlafe regelmäßig, weil er nachts Albträume habe. Auch Ulrike Brittinger, die Leiterin des Staatlichen Schulamts, betonte, dass insbesondere für Schüler der Sekundarstufe eins Schulsozialarbeit nötig sei: „Wichtig für Flüchtlingskinder sind verlässliche Erwachsene.“

Die häufigen Wohnortwechsel der Flüchtlingskinder belasten auch die Schulsekretariate

Auch Uwe Heilek, der Geschäftsführende Leiter der Grundschulen und Rektor der Grund- und Werkrealschule Gablenberg, wünscht sich mehr Unterstützung – insbesondere für die Schulsekretariate. „Wir haben fünf Vorbereitungsklassen, davon vier im Sekundarbereich“, sagte Heilek. Die vielen Wohnortwechsel der Flüchtlinge belasteten auch das Sekretariat, das ständig die Daten neu eintragen müsse. Auch Michael Hirn, der Geschäftsführende Leiter der Sonderschulen, drang auf personelle Unterstützung: „Die Schulen laufen schon im Regelbetrieb unter Volllast“, sagte er. Und der Aufwand für die Flüchtlingskinder sei höher. „Es fehlt an Ressourcen im System.“

Herbert Bläsi, der Geschäftsführende Leiter der Gewerblichen Schulen, machte deutlich, dass junge Menschen mit Fluchterfahrung meist länger brauchten als zunächst angenommen: Die Vorstellung, dass diese nach vier Jahren eine Ausbildung abgeschlossen haben, sei „eher der Idealfall“.

Marita Gröger (SPD) berichtete, dass sie von traumatisierten Kindern gehört habe, die ausgerastet und kaum zu halten gewesen seien. Und sie forderte, Schulen besser auf solche Vorkommnisse vorzubereiten. Doch laut Schulamtsvize Matthias Kaiser handelt es sich dabei um Einzelfälle. „Dass Schüler total ausflippen, kommt kaum vor.“ Er räumte allerdings ein: „Die körperliche Auseinandersetzung hat durch den höheren Jungenanteil bei den Flüchtlingen zugenommen.“ Dass Konflikte auch verbal ausgetragen werden können, hätten manche noch nicht gelernt. Gröger und ihre Kollegen Fred-Jürgen Stradinger (CDU) und Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne) bedauerten, dass – aus formalen Gründen – nicht alle Ganztagsschulen Flüchtlingskinder aufgenehmen dürfen; das betrifft 24 Schulen. Laut Brittinger sind Kinder mit Fluchterfahrung an zehn Ganztagsschulen und 38 Grundschulen mit flexibler Betreuung untergebracht, die über die Bonuscard gebührenfrei sei. Grundsätzlich hätten in Ganztagsschulen Kinder aus dem Stadtbezirk Vorrang.