Blaualgen hatten sich erneut im Max-Eyth-See ausgebreitet und so zum Tod von Tausenden Fischen geführt. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Max-Eyth-See ist in Not. Die Angler haben zuletzt tonnenweise tote Fische herausgeholt. Das Entsetzen bei Bürgern und Anwohnern ist groß. Jetzt äußert sich Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) zur Situation des Sees.

Stuttgart - 50 000 Fische sollen im Max-Eyth-See gestorben sein, weil der Sauerstoffgehalt durch Blaualgen zu niedrig war. Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) erklärt im Interview, wie es jetzt mit dem See weitergeht.

Herr Thürnau, warum gibt es noch kein Gesamtkonzept für den Max-Eyth-See?

Wir arbeiten seit Jahren kontinuierlich gemeinsam mit allen Beteiligten an der Wasserqualität des Max-Eyth-Sees. Der See wird ständig überwacht und alle Maßnahmen mit einem Limnologen sowie den Experten in den verschiedenen Ämtern abgestimmt. Man darf jedoch nicht vergessen: Der Max-Eyth-See ist ein künstlich angelegter Flachwassersee ohne natürlichen Zu- und Ablauf, er ist daher durch eine hohe Nährstoffverfügbarkeit im Wasserkörper und im Sediment gekennzeichnet. Seine Wasserqualität wird durch verschiedene weitere Faktoren bestimmt. Deren Wechselwirkungen und Zusammenhänge sind äußerst komplex, und das Gesamtsystem kann von uns nur schwer beeinflusst werden.

Wann stellt die Stadt Lösungen vor?

Das Tiefbauamt arbeitet mit weiteren Fachämtern seit mehr als einem Jahr an zusätzlichen dauerhaften Lösungen, um Extremsituationen vorzubeugen. Konkrete Vorschläge wollen wir Ende 2019 in den Ausschüssen präsentieren. Unser Ziel ist es, diese Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen. Parallel will die Stadtverwaltung mit allen Beteiligten zeitnah Gespräche führen.

Was tun Sie gegen das Fischsterben?

Vor allem haben wir in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Wasserqualität im Max-Eyth-See besser wird. Da der See keine eigene Frischwasserzufuhr hat, wurde eine geschaffen. Damit können wir Wasserverluste ausgleichen. Außerdem haben wir 2011 und 2016 mit einem sogenannten Fällmittel den hohen Nährstoffgehalt im Wasser reduziert. Diese Maßnahmen haben die Wasserqualität bereits erheblich verbessert. Die diesjährige Extremsituation konnten wir leider trotzdem nicht verhindern.

Hat die Stadt es nach den Fischsterben in den vergangenen Jahren versäumt, ausreichend geeignete Maßnahmen einzuleiten?

Wir arbeiten stetig an der Wasserqualität und kontrollieren sie im Max-Eyth-See wie in allen anderen Seen regelmäßig, in den heißen Perioden teils mehrmals am Tag. Trotzdem hat uns die jetzige Situation überrascht. Der Umbruch kam quasi über Nacht. Die Werte, die wir noch am Samstag, 31. August, gemessen hatten, deuteten nicht auf das Kippen am Sonntag, 1. September, hin. Im vergangenen Jahr konnten wir mithilfe von Pumpen das Seewasser umwälzen und den Sauerstoffgehalt des Seewassers stabilisieren. In diesem Jahr zeigte der Einsatz allerdings leider nicht die erhoffte Wirkung. Wir analysieren die Vorgänge nun ganz genau, um die richtigen Schlüsse für künftige Maßnahmen zu ziehen.

Warum wurden nicht im ganzen See Wasserpflanzen eingesetzt?

Wasserpflanzen sehen wir grundsätzlich positiv für die Wasserqualität. Zuletzt hat sich insbesondere das Krause Laichkraut ausgebreitet – so stark, dass zeitweise sogar das Bootfahren eingeschränkt war. Dies führen wir auf die verbesserte Sichttiefe im Wasserkörper zurück: Die Pflanzen bekommen durch das klarere Wasser mehr Licht. Trotzdem haben sich parallel auch Algen gebildet. Mit zunehmender Trübung des Wassers hat sich das Krause Laichkraut innerhalb weniger Tage komplett aufgelöst und somit den Nährstoffgehalt im Wasser weiter erhöht. In Verbindung mit der sonnigen Witterung kam es zu einer Algenblüte. Hierbei haben sich auch Cyanobakterien (Blaualgen) gebildet, deren Stoffwechselprodukte potenzielle Giftstoffe absetzen können. Daher haben wir vor Kontakt mit dem Wasser gewarnt. Bei den künftigen Maßnahmen wird daher auch untersucht, ob andere Arten von Wasserpflanzen angesiedelt werden.

Warum wird die Zuleitung zum Neckar nicht wieder geöffnet, damit es einen Wasseraustausch zwischen See und Neckar gibt?

Weil dies kontraproduktiv wäre. Dass wir den See 2016 vom Neckar abgetrennt haben, war ein wichtiger Eingriff für die Qualität des Wassers im See. Denn das Neckarwasser hat einen hohen Phosphatgehalt und ist damit sehr nährstoffreich. Dieses nährstoffreiche Wasser befördert in stehenden Gewässern unter anderem das Algenwachstum. Dem Wasser des Max-Eyth-Sees haben wir zuletzt vielmehr das Phosphat mithilfe eines Fällmittels gezielt entzogen.

Der Württembergische Anglerverein hat einen Stromanschluss für seine Teichbelüfter gefordert, aber nicht bekommen. Warum nicht?

Wir prüfen unterschiedliche Ideen und Ansätze. Denkbar ist eine stationäre Belüftungsanlage, die auch präventiv eingesetzt werden kann, um einen Abfall des Sauerstoffgehalts zu verhindern. In der Zwischenzeit war geplant, eine erforderliche Stromversorgung zum Beispiel durch Aggregate des Technischen Hilfswerks sicherzustellen.

Welche Rolle spielen gerade die Blaualgen? Sind sie dafür verantwortlich, dass auch andere Tiere dort derzeit sterben?

Blaualgen können Giftstoffe ausscheiden, die beim Menschen zu Hautirritationen führen können. Für Tiere, die zum Beispiel vom belasteten Wasser trinken, kann es weitaus schlimmere Folgen haben. Ende August haben sich vermehrt Blaualgen im Max-Eyth-See gebildet. Daraufhin haben wir die Anlieger informiert und vor Ort Warnschilder aufgestellt. Ob mögliche toxische Stoffwechselprodukte der Blaualgen oder der geringe Sauerstoffgehalt zu der Situation geführt haben, können wir derzeit nicht sagen.

Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde geführt, bevor Stadtsprecher Sven Matis am Freitagnachmittag bekannt gab, dass sich die Sauerstoffwerte in einem Teilbereich des Max-Eyth-Sees erneut verschlechtert haben und der See an diesem Wochenende daher erneut belüftet werde.