Den Immobilienmarkt beobachtet die Bundesbank mit Argusaugen. Foto: dpa-tmn/Markus Scholz

Niedrigzinsen und Konjunkturschwäche verdichten sich zu einer für die Finanzstabilität brisanten Mischung, warnt die Notenbank. Zu den Risiken zählt sie auch den Anstieg der Immobilienpreise.

Frankfurt - Die niedrigen Zinsen und konjunkturellen Risiken stellen das Finanzsystem vor wachsende Herausforderungen. „Die Verwundbarkeit hat zugenommen“, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch am Donnerstag bei der Vorstellung des hauseigenen Finanzstabilitätsberichts. Zwar sei die Stabilität nicht akut gefährdet, zu beobachten sei aber „ein langsamer Aufbau von Risiken“. schon die Europäische Zentralbank geäußert.

Bislang habe die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums „wenig Spuren an den Finanzmärkten“ hinterlassen, sagte Buch. Die niedrigen Zinsen stützten die Börsenkurse. Der Haken daran: Kreditrisiken würden möglicherweise unterschätzt, der Wert von Sicherheiten wie Immobilien potenziell überschätzt.

In einer Krise könnte sich das als fatal erweisen: „Ein unerwarteter Konjunktureinbruch könnte das deutsche Finanzsystem empfindlich treffen“, sagte Buch. Denn in einer solchen Situation drohe ein kräftiger Anstieg der Kreditausfälle – die Risikovorsorge der Banken aber befinde sich auf einem historisch niedrigen Niveau. Angesichts der gegenwärtig sehr niedrigen Insolvenzraten hält die Bundesbank die Risikovorsorge grundsätzlich für angemessen. Doch werden „verstärkt auch diejenigen Unternehmen von den Banken finanziert, die bei einem unerwarteten Konjunktureinbruch als erste Probleme bekommen könnten“, beobachtet Buch. Ihr für die Bankenaufsicht zuständiger Vorstandskollege Joachim Wuermeling betonte, riskantere Darlehen müssten auch entsprechend bepreist werden: „Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, Dumpingkredite zu verhindern.“

Warnung vor Dumpingkrediten

Zum Aufbau der Risiken tragen auch die steigenden Immobilienpreise bei. Nach Einschätzung der Bundesbank sind Häuser und Wohnungen in den deutschen Städten um 15 bis 30 Prozent überbewertet. Auch steigt die Zahl der Immobiliendarlehen. Die Verschuldung der privaten Haushalte blieb in den letzten Jahren aber weitgehend stabil. Für eine „kreditgetriebene Spekulationsdynamik“ gebe es „keine eindeutigen Hinweise“, folgert die Bundesbank. Allerdings fehle es an aussagekräftigen Daten insbesondere zur Entwicklung der Kreditvergabestandards. Trotz der vielfältigen Nachteile niedriger Zinsen wäre für das Finanzsystem auch ein abrupter Zinsanstieg gefährlich. Zwar würden viele Verbraucher davon profitieren, weil die privaten Haushalte ihr Geld vorwiegend bei der Bank aufbewahren oder es in Zinsprodukte wie Versicherungen stecken. „Nur für eine kleine Gruppe mit hohem Schuldendienst und geringen Einlagen – rund fünf Prozent der Haushalte – ist der Effekt negativ“, heißt es im Finanzstabilitätsbericht.

Auch ein abrupter Zinsanstieg wäre gefährlich

Die Banken indes stünden bei einem schnellen Zinsanstieg vor dem Problem, dass sie ihren Kunden höhere Sätze auf ihre Einlagen bieten müssten, die Zinsen auf laufende Kredite aber nicht auf einen Schlag erhöhen könnten. Bei Wohnungsbaudarlehen ist der Zinssatz meist über viele Jahre festgelegt. Besonders Sparkassen und Kreditgenossenschaften wären von diesem Dilemma betroffen, erläuterte Buch. Ein Zinsanstieg kann auch mit einem Konjunktureinbruch zusammenfallen, wie sich in der Finanzkrise vor zehn Jahren gezeigt hat: Wenn nach spektakulären Pleiten das Misstrauen unter allen Marktteilnehmern groß ist, verleihen sie ihr Geld nur zu höheren Zinsen – was wiederum den Abschwung verschärfen kann. Um einer solchen Abwärtsspirale vorzubeugen, hat die deutsche Finanzaufsicht die Geschäftsbanken zum Aufbau eines neuen Sicherheitspuffers verpflichtet. Jenseits der ohnehin vorgeschriebenen Eigenkapitalreserven müssen die Institute einen „antizyklischen Kapitalpuffer“ anlegen, der in Krisenzeiten abgeschmolzen werden kann. Damit soll verhindert werden, dass die Banken ihre Kreditvergabe übermäßig einschränken.