Die Staatsoper in Stuttgart soll in den nächsten Jahren saniert – das wird teuer. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Mit einer besseren Planung will die Landesregierung verhindern, dass bei Großprojekten die Baukosten aus dem Ruder laufen. Drei Jahre lang wird nun ein neues Verfahren erprobt.

Stuttgart - Ursprünglich sollte das geplante Besucherzentrum im Nationalpark Nordschwarzwald rund 22,5 Millionen Euro kosten, mittlerweile rechnet das Finanzministerium mit Ausgaben von 35,5 Millionen Euro. Auch bei der in Rottweil vorgesehenen Justizvollzugsanstalt muss das Land deutlich tiefer in die Kasse greifen als zunächst vorgesehen. Anfangs war von 120 Millionen Euro die Rede, mittlerweile gehen die Planer von 182 Millionen Euro aus. Ein Grund sind steigende Baukosten, die vor allem durch den anhaltenden Bauboom ausgelöst wurden. Mitunter sind aber auch Risiken nicht absehbar – oder sie werden ausgeblendet, damit das Projekt genehmigt wird. Das böse Erwachen folgt später.

Um Überraschungen durch Kostenüberschreitungen zu verhindern, will die Landesregierung in den nächsten drei Jahren ein neues Verfahren erproben. Anders als bisher sollten landeseigene Bauprojekte erst dann endgültig genehmigt werden, wenn die Kosten absehbar seien, kündigte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart an. Deshalb muss der Landtag künftig zweimal abstimmen. Zunächst entscheiden die Abgeordneten darüber, ob sie etwa ein Forschungslabor oder die Sanierung eines Museums grundsätzlich für notwendig halten. Ist das der Fall, dann beginnt die Planung. Erst wenn diese zusammen mit der Kostenberechnung vorliegt, stimmt der Landtag darüber ab, ob er das Geld für das Vorhaben bereitstellt oder ob möglicherweise günstigere Alternativen gesucht werden. Diesem Verfahren hat das grün-schwarze Kabinett am Dienstag zugestimmt.

Oper und Elefantenhaus als Top-Projekte

Das neue Vorgehen soll nun drei Jahre lang bei so genannten Top-Projekten erprobt werden. Sitzmann nannte beispielsweise den Gefängnisneubau in Rottweil, die Elefantenwelt in der Stuttgarter Wilhelma, die Sanierung der Stuttgarter Oper und des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe sowie Hochschulneubauten. In den nächsten Monaten soll festgelegt werden, wie viel Geld für die Planung der jeweiligen Vorhaben in den kommenden zwei Jahren bereitgestellt wird. Darüber abgestimmt wird Ende des Jahres bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/21.

Ziel sei, „dem Fluch der ersten Zahl zu entkommen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Denn mit jeder Kostensteigerung schwinde das Vertrauen der Bürger in den Staat und seine Verwaltung. „Daher wollen wir bei der Kostensicherheit von Bauvorhaben zukünftig mit noch mehr Transparenz, Offenheit, Gründlichkeit und im Dialog neue Wege gehen.“ Bei den Top-Projekten werde die Bürgerbeteiligung „zum Standard“, sagte die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler. Projekte wie Opern, Museen oder zentrale Bereiche einer Universität beträfen alle. „Dank der digitalen Planungsmethode können wir auch besser visualisieren. So können Bürger einerseits und Planungsingenieure andererseits viel besser über Alternativen sprechen.“

Land größter Bauherr im Südwesten

Rund eine Milliarde Euro investiert das Land 2019 in den Hochbau und ist damit der größte Bauherr im Südwesten. Neben vielen kleinen Instandhaltungsmaßnahmen würden derzeit etwa 1800 Projekte umgesetzt, bei denen die Baukosten jeweils zwischen 150 000 Euro und dreistelligen Millionenbeträgen liegen, sagte Sitzmann. „Den allergrößten Teil der Vorhaben bringen wir im Kosten- und Zeitplan ins Ziel.“ Von den Projekten, die 2007/08 vom Landtag genehmigt wurden, seien etwa 80 Prozent im Kostenrahmen geblieben. „Wir wollen aber noch besser werden und auch den verbliebenen, kleinen Teil an Projekten frist- und kostengerecht umsetzen“, so Sitzmann.

Bei der Planung und Kostenberechnung helfen soll auch das so genannte Building Information Modeling (BIM). Mit dieser Methode wird ein exaktes dreidimensionales, digitales Gebäudemodell erstellt. Dabei werden auch die Eigenschaften und Qualität der Bauteile einbezogen. Dadurch werde die Planung transparenter, und sie sei besser zu koordinieren. „Das digitale Modell ermöglicht es, die Kosten für den späteren Betrieb eines Gebäudes präziser abschätzen zu können“, so Sitzmann.