Gehen bald getrennte Wege: Michael Föll und OB Fritz Kuhn Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

CDU-Fraktionschef Alexander Kotz liebäugelt schon länger damit, Nachfolger von Finanzbürgermeister Michael Föll zu werden. Dessen Wechsel zum Land birgt für die Partei aber Probleme. Auch wegen des Zeitpunkts.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt braucht einen neuen Finanzbürgermeister und obersten OB-Stellvertreter, weil Michael Föll (CDU) als Amtschef ins Kultusministerium geht – und jetzt prüft Alexander Kotz, der Fraktionschef der CDU im Rathaus, ob er ins Bürgermeisteramt wechseln will. „Ich werde bis Mitte kommender Woche entscheiden, ob ich meinen Hut in den Ring werfe“, sagte Kotz (48) unserer Zeitung. Er werde im privaten Umfeld, in der Partei und im Rathaus bis hin zu OB Fritz Kuhn (Grüne) Gespräche führen. Klären müsste der Kreishandwerksmeister im Zweifel auch, welche Rolle er noch im eigenen Handwerksunternehmen spielen könnte und dürfte.

Dass Föll voraussichtlich zu Ende Februar das Rathaus verlassen und die Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) unterstützen will, ist für Kotz wie „ein Blitz aus heiterem Himmel“ gekommen. Er habe es erst am Mittwochmittag erfahren, der OB erfuhr am Mittwochnachmittag davon.

Öffentlich reagierte Kuhn am Donnerstagmittag darauf, nachdem zuerst die Stuttgarter Nachrichten am Mittwochabend über Fölls Wechsel berichtet hatten. Er bedauere den Wechsel sehr, erklärte Kuhn, er habe sehr gut und sehr vertrauensvoll mit dem Finanzbürgermeister zusammengearbeitet. Fölls Kenntnisse, politisches Gespür und strategisches Geschick seien „herausragend“. Davon habe die Stadt profitiert, die am Ende von Fölls Amtszeit als Bürgermeister schuldenfrei dastehe. Föll bedauerte auch, dass er die enge Zusammenarbeit mit OB Kuhn nicht fortsetzen könne. Aber im Alter von 53 Jahren habe er nach Lust auf etwas Neues, auf eine neue Herausforderung. Im Sommer habe er sich schon entschieden, Ende 2019 nicht wieder zu kandidieren. Jetzt wird er noch etwas früher gehen – nach dann gut 15 Jahren im Amt.

Für Eisenmann war Föll „die erste Wahl“

Im Kultusministerium mit insgesamt 3000 Mitarbeitern kann Föll eine Herausforderung finden. Das Budget beträgt fast zwölf Milliarden Euro. Ob er damit liebäugelt, noch Chef im Staatsministerium oder Finanzminister zu werden, falls Eisenmann einmal Ministerpräsidentin werden sollte, blieb unbeantwortet.

Eisenmann, früher selbst Bürgermeisterin im Stuttgarter Rathaus, krempelt seit eineinhalb Jahren die Strukturen und diverse Prozesse in ihrem Kompetenzbereich um. Dafür suchte sie jemand an der Nahtstelle von Verwaltung und Politik, der sie auch im Kabinett vertreten kann. „Ich überlegte mir die Person, die politisch-strategisch die beste dafür ist: Michael Föll“, sagte sie. Er sei für sie „die erste und einzige Wahl“ gewesen, nachdem feststand, dass die bisherige Verwaltungschefin künftig als Abteilungschefin im Ministerium arbeiten wolle.

Dem möglichen Föll-Nachfolger Kotz wurden schon länger solche Ambitionen nachgesagt, falls der Parteifreund eine andere Aufgabe suchen würde. Doch der Zeitpunkt und die Art der neuen Aufgabe – nicht in der freien Wirtschaft, sondern beim Land Baden-Württemberg – überraschte in der CDU jetzt alle. Kotz hatte außerdem damit gerechnet, dass Föll zumindest noch drei Jahre im Rathaus bleiben würde. Insofern habe die Entwicklung zum jetzigen Zeitpunkt „uns alle eiskalt erwischt“, gestand er.

Das gilt umso mehr, als die CDU erst am 27. Oktober ihre Liste für die Gemeinderatswahl aufgestellt und Kotz zum Spitzenkandidaten gekürt hatte. Falls er sich nun nach der Ausschreibung auf die Bürgermeisterstelle bewerben sollte, für die die CDU das Vorschlagsrecht hat, müssen die Christdemokraten entscheiden, was aus der Kandidatenliste werden soll und wer neuer Spitzenkandidat oder neue Spitzenkandidatin werden könnte. Und natürlich müssen sie auch die Führung der Ratsfraktion neu regeln. Das Personaltableau dafür ist überschaubar. Zunächst dürften wieder Ex-Fraktionsvorsitzende ins Spiel kommen, die nicht ganz freiwillig aus dem Führungsamt geschieden waren, sondern nach internen Reibereien: Iris Ripsam und Fred Stradinger.

Wer rückt auf Platz 1 der Kandidatenliste?

Ob die neue Führungskraft der Fraktion noch auf Platz 1 der Kandidatenliste gesetzt werden könnte, wenn Kotz Bürgermeister wird, ist eine zeitliche, technische und rechtliche Frage, die zunächst noch ungeklärt war. Für Klarheit sollte die CDU spätestens bis 2. April sorgen, wenn der Gemeindewahlausschuss über die Zulassung der Wahllisten entscheidet. Den größten Charme habe es, meint der Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann, wenn das komplette Kandiatenfeld hinter Kotz – beginnend mit Beate Bulle-Schmid und Philipp Hill – nach oben rücken würde. Freilich außer dem Wengerter Fritz Currle, der auf den letzten Platz mit der Nummer 60 wollte und gesetzt wurde. Für den Platz 59 könnte dann jemand nachnominiert werden. Sollte Kotz als Zugpferd bei der Wahl verloren gehen, wäre das „nicht ideal“, meinte Kaufmann, man werde aber sicher gute Lösungen finden. Kotz würde im Wahlkampf sicherlich mitmachen. Für die Föll-Nachfolge werde man aber erst die Optionen ausloten und bald einen Vorschlag mache.

Der Zeitpunkt, den Wechsel spruchreif zu machen, sei nicht ideal, räumten Föll und Eisenmann ein. „Ein früheres Timing war aber nicht möglich“, sagte Eisenmann.