Großer Auftritt im Stadtpalais: Bei einer Podiumsdiskussion leuchten Rapper und Multimedia-Reporter die Szene aus. Sickless und Bartek von den Orsons posieren vor dem Stadtpalais. Und draußen wird auch Breakdance gegeben Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Mit einer großen Party, viel Musik und vielen Gästen feierte unsere Zeitung die Premiere des Films „Willkommen in der Mutterstadt“, der ein bundesweit beachtetes Stück Stuttgarter Jugendkultur dokumentiert.

Stuttgart - Partystimmung im Herzen der City: Parallel zum Sommerfest hat am Freitagabend die große Hip-Hop-Party unserer Zeitung im Stadtpalais am Charlottenplatz begonnen. Der Anlass: die Premiere des von den Redakteuren Siri Warrlich, Kathrin Waldow, Hannes Opel und Ingmar Volkmann produzierten Films „Willkommen in der Mutterstadt“, der die Entwicklung der Stuttgarter Hip-Hop-Szene dokumentiert – von den Anfängen bis zum Durchbruch.

In den 1990er Jahren war Stuttgart Keimzelle für deutschen Hip-Hop. Bei Hip-Hop-Jams in Stuttgarts Jugendhäusern kamen Rapper, Breakdancer und Graffitisprüher aus der ganzen Region zusammen. Die Jams waren für junge Künstler ein Raum zum Experimentieren und Netzwerken. Daraus gingen Größen wie Freundeskreis, Massive Töne und Die Fantastischen Vier hervor. In einer Multimedia-Reportage beschäftigten sich Warrlich, Waldow, Opel und Volkmann mit der Frage, warum ausgerechnet Stuttgart zum Rap-Mekka wurde.

Das Stadtpalais zieht viele an

Was es bisher nur im Netz zu sehen gab, wurde am Freitagabend bei einer großen Party im Stadtpalais präsentiert. Der Andrang war groß. Die Saalordner waren strikt. 180 Plätze standen zur Verfügung, wer zu weit hinten stand, musste beidrehen und auf die zweite Vorstellung um 22 Uhr warten. Da parallel zur Vorführung DJ Emilio auflegte, war das nicht weiter tragisch. Live Performances vor dem Gebäude gab es auch noch. Die Stimmung war gut und die Nacht noch jung. Letzteres sollte sich noch ändern. Nach dem Programm im Palais lockte schließlich noch eine Party in der Schräglage.

Zur Multimediareportage über die Geschichte des Hip-Hops in Stuttgart

Das Stadtpalais galt natürlich schon vorher als einer der angesagtesten Plätze in der City. Rund um das neu eröffnete Stadtmuseum läuft die Sommeraktion „Stadt am Meer“; Sommerabend für Sommerabend versammeln sich hier Hunderte, um den Tag entspannt ausklingen zu lassen. Das Stadtpalais erweist sich dabei als urbane Oase mit Wasserinstallationen und Skateboardrampe. Im Museum selbst ist die beeindruckende Ausstellung „Skateboarding Stuttgart“ zu sehen. Seit den 1990er Jahren – parallel zum Hip-Hop – hat sich Stuttgart, genannt „Stuttpark“, zu einem Skater-Mekka entwickelt. Der richtige Ort also, um an Jugendkultur nicht nur zu erinnern, sondern ihr auch eine Bühne zu geben.

Großer Zuspruch für den „Mutterstadt-Jam“

Dem diente auch der von unserer Zeitung veranstaltete „Mutterstadt-Jam“ vor der Filmpremiere. Er sollte die Tradition der Jams aus den 1990er Jahren wieder aufleben lassen. Ein vielversprechendes Projekt, das großen Zuspruch findet. Er zeigte auf, wie lebendig die Stuttgarter HipHop-Szene in all ihren Facetten ist, blickte aber auch zurück in die Zeit, als der Sprechgesang aus der Kesselstadt erstmals die Stimme erhob.

„Ich finde, die Stuttgarter tragen nicht so dick auf, wie die Berliner“, charakterisierte Florian (29) die Reime aus Benz-Town. „Hier rappen die Leute nicht darüber, wie hart das Leben im Ghetto ist.“ Die Beweggründe zum Besuch der Veranstaltung umschrieb sein Freund Frank (31) als Mischung aus Nostalgie und Neugier.

Das Siebdruckeratelier Neonow und Stadtkind boten in einer Nische die Möglichkeit, ein eigenes Mutterstadt-Hemd herzustellen. Der Preis blieb dem Kunden überlassen. Ein Teil der Erlöse geht an den Verein Underground Soul Cypher, der sich für ein Haus der Urbanen Kultur in Stuttgart stark macht.

In einer Gesprächsrunde kommen Kenner der Szene zu Wort

„Früher war das Jugendhaus West eine Adresse, die jeder kannte“, erinnerte sich Nadja Nonnenmann, die am Freitag Kostproben ihres Könnens als Breakdancerin gibt. „So etwas fehlt heute.“ Im Rahmen einer Gesprächsrunde zur hiesigen Szene kamen auch Bartek von den Orsons, Sickless vom Label wirscheißengold und Alexander Scheffel alias DJ 5ter-Ton von den Massiven Tönen zu Wort.

Los gegangen war es um 19 Uhr mit Beats von DJ Emilio, der im bürgerlichen Leben Emil Calusic heißt und ein wichtiger Teil der Stuttgarter Hip-Hop-Gruppe Kolchose um Max Herre und Afrob war.