aoirse Ronan, Emory Cohen in „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“ Foto: 20th Century Fox

Eine junge Irin wander in den 1950er Jahren nach New York aus. Anfänglich plagt sie das Heimweh, doch dann findet sie Anerkennung und Liebe – und gerät bei der Rückkehr auf die Grüne Insel in ein Dilemma.

Stuttgart - Perspektivlos scheint das Leben für die schüchterne Ellis in Enniscorthy, Irland, wo sie mit ihrer Schwester Rose und der verwitweten Mutter lebt. Amerika lockt – und bald steht Ellis tränenüberströmt an der Gangway eines Ozeanriesen, Heimweh schon jetzt im Gepäck. „Zu Hause ist zu Hause“, wird ihr später ein irischer Verehrer sagen. Und tatsächlich wirkt Ellis im New York der 1950er komplett entwurzelt.

Sie arbeitet in einem glitzernden Kaufhaus, Amerika wirkt auf sie wie ein Wunderland. Auf den Job – Lächeln ist angesagt – kann sie sich nicht konzentrieren, ständig heult sie vor Heimweh. Weiße Haut, geheimnisvolle blaue Augen, züchtige Garderobe: Saoirse Ronan, für einen Oscar nominiert, spielt die Provinzlerin mit differenzierter Glaubhaftigkeit. Sie gibt Ellis eine altmodische, strenge Madonnen-Mimik, ihre Ehrlichkeit, ihr gutes Benehmen rufen mütterliche Gefühle in der Pensionatsleiterin (resolut und witzig: Julie Walters) hervor, die sie gegen andere Bewohnerinnen verteidigt.

Doch Ellis hat auch Charme, und ihre Unschuld rührt das Herz des italoamerikanischen Klempners Tony. Emory Cohen, eine Art später James Dean, wirbt mit lachendem, herrlich gekräuseltem Mund um die scheue Irin. Er strahlt Wärme aus, Ellis beginnt zu leuchten, kleidet sich flotter, übt Spaghetti-Essen. Tony drängt zur Heirat.

In Irland hat sie ihre Heirat mit dem Amerikaner Tony verschwiegen

Nicht ohne Grund: Schwester Rose ist gestorben, Ellis muss nach Irland. Dort ist sie nun keine graue Maus mehr. Liebesglück, Erfolg im Job, schicke Kleidung, federnder Schritt: Man sieht sie als Trendsetterin, und sie hat dazu eine wundervolle Szene am Strand. Ihre Mutter aber – Jane Brennan spielt sie als wortkarge, ewig quengelnde, im Leben zu kurz gekommene Person – will Ellis verkuppeln, um sie zu halten. Der nicht unvermögende, edel aussehende, verlässliche und nicht unverführerische Jim Farrell (großartig: Domhnall Gleeson) treibt Ellis in einen tiefen Konflikt – ihre Heirat mit Tony hat sie in Irland verschwiegen.

Colm Tóibins gleichnamiger Roman ist eine bittersüße Romanze, er verzichtet auf jeglichen politischen Bezug. Aber das Leben Einzelner – zumal Migranten – kann so banal sein: Menschen suchen soziale Sicherheit, Liebe, Zufriedenheit. Ellis’ inneres Drama, auf das sich Regisseur John Crowley in seiner Adaption konzentriert, spielt Saoirse Ronan mit großer Kraft.