Die International Ocean Film Tour zeigt auch in diesem Frühjahr wieder Filme, die auf dem Meer aufgenommen wurden, zum Beispiel über den hawaiianischen Surfer Kai Lenny. Foto: AJ Messier/International Ocean Film Tour

Er filmte Big-Wave-Surfer auf Hawaii, flog mit dem Helikopter über Profi-Snowboarder in Alaska und nahm Wellenreiter auf dem Amazonas auf: Joachim Hellinger macht Sport-Action-Filme und geht mit ihnen auf Tour in vielen Städten.

München/Stuttgart - Auf den ersten Blick ist Joachim Hellinger einer, für den der Begriff Sonnyboy geprägt wurde. Meist braun gebrannt, empfängt er andere stets mit einem herzlichen Lächeln. Hellinger ist aber auch ein Macher. Als der Sportbegeisterte Anfang der 80er Jahre in Leonberg erwachsen wird, will er mit seinem Kumpel am liebsten jedes Wochenende in die Alpen, Ski fahren. Weil die Eltern das nicht bezahlen, organisieren die beiden 16-Jährigen kurzerhand Skifreizeiten für alle, die dabei sein wollen. Mal eine Tagesausfahrt mit 50 Leuten nach Oberstdorf, mal eine ganze Woche in den Dolomiten – die Gäste kommen für die Schüler auf. Es werden 200 Ausfahrten.

1984 sieht Hellinger, mittlerweile Zivi, ein Veranstaltungsplakat in Straßburg, auf dem Snowboarder und Gleitschirmflieger abgebildet sind. „So etwas hatte man in Deutschland damals noch nicht gesehen“, erinnert sich der 52-Jährige, „da wollte ich hin“. Weil ein Sohn von Ex-VfB-Wundermann Jürgen Sundermann dabei war, ließ dieser seinen Vater, der gerade Racing Straßburg trainierte, Karten besorgen. Hellinger fand sein Geschäftsmodell. Nach einigem Anlauf holten er und sein Kumpel „La Nuit de la Glisse“ nach Stuttgart. Für die erste Vorstellung 1986 im Gustav-Siegle-Haus verteilten sie so viele Handzettel, dass 200 Interessenten draußen bleiben mussten. „Da herrschte ein ziemliches Chaos“, sagt Hellinger. Sie machten eine Tour durch Deutschland daraus, ihre Stammspielstätte in Stuttgart wurde die Alte Reithalle.

Zum Swatch-Marketingleiter ins Taxi gestiegen

Es ist verblüffend, wie zeitlos das Geschäftsmodell von Joachim Hellinger ist. Er selbst hat es 1990 allerdings zunächst begraben. „Damals waren Video und das Privatfernsehen so groß geworden, dass wir glaubten, die Kids gucken die Filme bald zuhause an.“ Hellinger studierte mittlerweile, erst Architektur, dann Produktion und Medienwirtschaft an der Filmhochschule in München und schließlich ein Aufbaustudium in Paris. Das Skifahren und Wellenreiten ließ ihn nicht los. Mitte der 90er verwirklichte er sich einen Traum und drehte seinen ersten Film mit Snowboardern. Er fand Sponsoren und konnte 50 000 Mark für 16 Minuten Film ausgeben, die später als Vorfilm vor insgesamt mehr als 500 000 Zuschauern in großen Kinosälen liefen.

Hellinger wurde in München Filmregisseur und -produzent mit seiner Firma Helli-Ventures, machte sich einen Namen mit Werbeclips, die sportliche Botschaften transportieren sollten. In München stieg er einfach zu einem Marketingleiter von Swatch ins Taxi und überzeugte ihn mit seinem Storyboard von einem hawaiianischen Surfer, der auf dem Eisbach in München nachts seine Kurven dreht. Der Durchbruch: Hellinger filmte Big-Wave-Surfer in der Monsterwelle „Jaws“ auf Hawaii, flog mit dem Helikopter über Profi-Snowboarder in Alaska und nahm Wellenreiter auf dem Amazonas auf. Später produzierte er neun Jahre lang die ING-Diba-Spots mit Dirk Nowitzki, und auch die neuen Startsequenzen vom Aktuellen Sport-Studio und anderen ZDF-Sportsendungen verantwortet Hellinger.

Der Wunsch nach Echtem wächst

Im Jahr 2000 reanimierte er sein altes Geschäftsmodell und gründete gemeinsam mit seinem Geschäftspartner die European Outdoor Film Tour (EOFT). Seitdem fahren die Mitarbeiter seiner zweiten Firma Moving Adventures durch Europa und andere Kontinente, um alljährlich die besten Abenteuer-Dokumentationen des Jahres aus der Wildnis in kleinen und größeren Hallen vorzuführen. Spätestens zur Fußball-WM 2006 wurde klar, dass die Menschen das Gemeinschaftserlebnis bei Ereignissen weiterhin zu schätzen wissen. Zuletzt lief die EOFT vor 1500 Zuschauern im australischen Sydney, diesen Donnerstag ist sie vor ein paar hundert im SSB-Veranstaltungszentrum auf der Waldau zu sehen. Der Termin ist mal wieder ausverkauft. „Je virtueller die Realität der Menschen wird, desto größer wird die Sehnsucht vieler nach Authentischem, und bei uns ist alles echt, ohne Tricks“, verrät der fünffache Familienvater, der mit seiner Kindern auch, Ski fährt, klettert und Wellen abreitet.

Die Stimmung bei den Film-Events beschreibt er treffend so: „Wir zünden ein großes Lagerfeuer an und bringen die authentischen Geschichten zu den Leuten.“ In der langsameren Version geht es auch mal um Radfahrer, die Asien ohne Radweg durchqueren, oder Surfer, die jenseits des Polarkreises überwintern. Hellinger glaubt an einen pädagogischen Effekt: „Die Leute kommen aus dem Film und denken, ich sollte auch was machen.“ Der Macher sagt es mit einem herzlichen Lächeln.