Klassenschlager in 3-D-Technik: James Camerons "Avatar". Foto: dpa

Die Filmbranche kann sich nicht einigen, wer die Umstellung auf digitale Technik bezahlen soll.

Berlin - Auch im Kino ist die digitale Technik auf dem Vormarsch. Vor allem die Filmverleiher wollen, dass die Kinos auf digitale Abspielgeräte umstellen. Eine analoge Filmkopie kostet mindestens 800 Euro, eine DVD ist für wenige Euro zu haben. Doch die Branche kann sich nicht einigen, wer die Umstellung bezahlen soll.

Mindestens 70.000 Euro kostet es, wenn ein Kinobetreiber sein analoges Abspielgerät gegen eine digitale Anlage austauscht. Fest steht, dass Investitionen in dieser Höhe über den Kartenverkauf in realistischen Zeiträumen kaum wieder hereinzuholen sind. Selbst bei einem Kassenschlager in 3-D-Technik wie "Avatar" könne man allenfalls einen Euro je Karte auf den Preis aufschlagen, schätzen Kenner der Branche.

Das zeigt: Vor allem die kleinen Häuser, also Programmkinos und kommunale Kinos, sind in ihrer Existenz bedroht, wenn sie keine finanzielle Hilfe bekommen. Die Branchenführer, also die vier großen Kinoketten Cinestar, Cinemaxx, UCI und Cineplex , verfügen über ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten. Die Sorge ist groß, dass die Ketten die anstehende Umrüstung dafür nutzen wollen, um die kleinen Häuser vom Markt zu verdrängen.

Die Zeit drängt: Beim digitalen Kino hinkt Deutschland europaweit hinterher. Frankreich, Holland, Großbritannien und Norwegen sind weiter. Hierzulande sind von rund 4800 Leinwänden erst 400 mit digitaler Technik bespielbar. Die digitalen Anlagen stehen fast ausschließlich in den Multiplex-Kinos, die bundesweit über rund 3000 Leinwände verfügen. Nur die wenigsten der kleineren und auf Kinokunst spezialisierten Häuser, die bundesweit etwa 600 Leinwände bespielen, haben die neue Technik schon. Wobei es in der Branche heißt, dass derzeit Kinos noch keine wirtschaftliche Nachteile haben, wenn sie nur mit der analogen Technik arbeiten. Das kann sich aber schnell ändern.

"Für die mittelständischen Kinos muss es öffentliche Zuschüsse geben"

Klar ist, dass die Verleiher das größte wirtschaftliche Interesse an der Digitalisierung haben. Das Anfertigen von einer analogen Filmkopie kostet rund 800 Euro. Eine DVD ist für wenige Euro zu haben. Deswegen wird seit Jahren an einer Branchenlösung zur Finanzierung der Umstellung auf "digital" gearbeitet: Geplant war, dass die Verleiher 150 Millionen Euro geben, die staatliche Filmförderungsanstalt (FFA) wollte 40 Millionen Euro beisteuern, Bund und Länder zusammen jeweils 30 Millionen Euro. Die Kinos selbst sollten sich je Leinwand mit einem eigenen Beitrag beteiligen, im Gespräch waren rund 13.500 Euro.

Doch dieses Modell ist am Widerstand der vier großen Kinoketten gescheitert. Ihr Veto deutet darauf hin, dass sie eben doch auf eine Marktbereinigung hoffen. Ohnehin machen die Ketten der FFA, die Filme, Drehbücher, Kinos und die Videowirtschaft fördert, das Leben schwer: Die Ketten zahlen ihre Beiträge an die FFA seit 2004 nur unter Vorbehalt, weil sie sich angeblich ungerecht behandelt fühlen. Die Folge: Die FFA kann derzeit einen zweistelligen Millionenbetrag nicht in den Förderkreislauf einspeisen.

Offenbar setzen die Ketten darauf, dass sie die Digitalisierung aus eigener Kraft stemmen. Es gibt bereits Finanzierungsmodelle, bei denen die Verleiher den Kinos je Film, der in der digitalen Version an den Start geht, mehrere Hundert Euro Prämie zahlen. Diese Angebote richten sich aber ausschließlich an die Betreiber von Multiplexen, weil hier die Verleihfirmen wegen der hohen Stückzahlen ein hohes Interesse an der Umstellung auf "digital" haben.

Während die Branche streitet, suchen die Medienpolitiker nach Lösungen. Einzelne Länder haben bereits eigene Förderprogramme zur digitalen Umrüstung aufgelegt. Baden-Württemberg etwa stellt dafür 2010 800.000 Euro und ab 2011 500.000 Euro zur Verfügung. Medienminister Wolfgang Reinhart (CDU) sagte: Baden-Württemberg stehe in einer besonderen Verantwortung, weil der Südwesten über eine besonders hohe Kinodichte und Vielfalt verfüge.

Auch Bayern und NRW arbeiten an ähnlichen Modellen. Die Anstrengungen reichen aber laut AG Kino, das ist der Verband der kleineren Lichtspielhäuser, nicht aus. AG-Kino-Chef Christian Breuer, der in Berlin die Yorck-Gruppe leitet, sagte gegenüber unserer Zeitung: "Wir brauchen ein in sich abgestimmtes Förderkonzept, bei dem die Hilfen des Bundes und der Länder ineinandergreifen." Für die mittelständischen Kinos müsse es öffentliche Zuschüsse geben. "Andernfalls werden viele Kinos in der Fläche und Programmkinos in den Städten den Weg in die Digitalisierung nicht schaffen."