So leer ist es auf der B 27 in Filderstadt selten: Bis zu 90 000 Autos passieren die Straße täglich, heißt es von Seiten der Stadtverwaltung. Foto: Patrick Steinle

Sie bleibt ein Dauerbrenner: Nach Debatten zur Busspur und zum sechsspurigen Ausbau fordern die Grünen nun ein durchgängiges Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde. Wie bewertet die Stadtverwaltung diesen Vorstoß?

Filderstadt - Die B 27 bleibt ein ganz besonderes Sorgenkind des Gemeinderats Filderstadt: Erst diskutierte das Gremium über Jahre hinweg den sechsspurigen Ausbau der Bundesstraße, später wurde eine Busspur debattiert. Jüngst beschäftigte sich nun ein Antrag der Grünen mit der Geschwindigkeitsbegrenzung: Die Verwaltung solle sich künftig verstärkt für die Einführung eines Tempolimits von 100 Kilometern pro Stunde auf der B 27 einsetzen, forderte die Fraktion. Zumindest auf den Teilabschnitten, die auf der Gemarkung der Großen Kreisstadt verlaufen, wünscht sich die Partei eine solche Begrenzung. Im Technischen Ausschuss fand das Vorhaben Mitte Februar nur wenig Freunde: Eine Mehrheit formierte sich dort nicht. Das letzte Wort zum Tempolimit scheint allerdings noch nicht gesprochen, die Bundesstraße wird wohl weiterhin ein Dauerbrenner unter den Verkehrsthemen der Gemeinde bleiben. Zum besseren Verständnis haben wir wichtige Fragen und Antworten zum Thema Tempo 100 auf der B 27 zusammengetragen.

Wie begründet die Fraktion der Grünen ihren Vorstoß?

Sicherheit, Luftreinhaltung, Lärmschutz – so lautet der thematische Dreiklang, der die Grünen laut Fraktionsvorsitzender Catherine Kalarrytou zu dem Antrag bewogen hatte. Für die Fraktion ist ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde überfällig. „Auf Teilabschnitten der B 27 gibt es diese Begrenzung ja schon. Wir fordern aber eine durchgängige Regelung, was Filderstadt angeht“, sagt Kalarrytou. Der Antrag der Grünen taucht nicht zum ersten Mal im Gemeinderat auf: Bereits bei den vergangenen Haushaltsberatungen stand das Thema auf der Agenda. Eine Mehrheit fand es auch damals nicht.

Welche Vorgaben müssen erfüllt sein, damit Tempo 100 durchgesetzt werden kann?

Die Einrichtung von Tempolimits untersteht den Straßenverkehrsbehörden, das letzte Wort bei Bundesstraßen hat außerdem das zuständige Regierungspräsidium. Für eine derartige Entscheidung hat der Gesetzgeber jedoch sehr klare Verhältnisse geschaffen. Nur bestimmte Gründe lassen eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu. Seitens der Straßenverkehrsordnung ergibt sich dabei ebenfalls ein Dreiklang: Der Anwohnerschutz, die Eindämmung einer konkreten Gefahrenlage oder der Kampf gegen eine gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung würden einem Antrag bei der gegenwärtigen Rechtslage Erfolg bescheren, erläutert der Filderstädter Ordnungsamtsleiter Jan-Stefan Blessing.

Was sagt die Stadtverwaltung?

Die Optionen wären damit klar abgesteckt – dennoch sieht die Stadtverwaltung aktuell weder eine rechtliche Grundlage noch Handlungsbedarf auf der B 27. „Was den Verkehrslärm angeht, so wurden die gesetzlichen Werte bei den Messungen nicht überschritten. Klar gibt es auch Unfälle auf der B 27, bei bis zu 90 000 Autos am Tag lässt sich das nicht vermeiden. Als Unfallschwerpunkt kann die Straße aber nicht herausgehoben werden“, sagt Ordnungsamtsleiter Jan-Stefan Blessing. Die letzte Hoffnung der Grünen wäre somit die Feinstaubbelastung. Doch auch bei diesem Thema sieht der Ordnungsamtsleiter wenig Chancen. „Wir haben in Filderstadt eine deutlich bessere Luft als beispielsweise in Stuttgart. Einen Luftreinhalteplan wie in der Landeshauptstadt braucht es nicht“, sagt der Verwaltungsbeamte.

Wie steht das Regierungspräsidium zu der Diskussion?

Während im Rathaus von Filderstadt die Durchsetzbarkeit des Antrags angezweifelt wird, gibt sich das Regierungspräsidium Stuttgart in einer schriftlichen Stellungnahme unbeteiligt. „Für die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der B 27 ist die Straßenverkehrsbehörde, angesiedelt bei der Stadt Filderstadt, zuständig“, heißt es aus der obersten Dienstbehörde. Für generelle, örtlich unabhängige Tempolimits fehle außerdem die Rechtsgrundlage. Die müsste auf Bundesebene erst noch geschaffen werden.

Was sagen die Grünen zur ablehnende Haltung der Stadtverwaltung?

Bei der antragstellenden Fraktion mehrt sich indes der Unmut über die Meinung in der Verwaltung und im Gemeinderat. Beim Thema B 27 scheint die Grünen-Fraktionschefin Catherine Kalarrytou schwer getroffen. „Enttäuschend“ seien die Reaktionen, die ihre Fraktion erhalten habe. „Die Stadtverwaltung hat ihre Ablehnung eben heruntergerasselt, diese Paragrafenreiterei regt mich auf. Das Problem ist doch: Wir reden alle über den Klimaschutz, aber wirklich rum kommt am Ende wenig“, sagt Kalarrytou.

Wie geht es mit dem Dauerbrenner B 27 nun weiter?

Eine Kapitulation in Sachen Tempolimit kommt für die Grünen trotz aller Enttäuschungen nicht in Frage, signalisierte Catherine Kalarrytou. Auch bei der Stadtverwaltung bekundete Jan-Stefan Blessing, man wolle die Situation künftig weiter verfolgen. In zwei Jahren rechnet der Amtsleiter mit einer Fortschreibung des gegenwärtigen Lärmaktionsplans. „Die Gutachter werden wir dann gerne auf die B 27 aufmerksam machen“, sagt Blessing. Bis dahin wird sich ohnehin so manches an der Verkehrsachse verändern: Der sechsspurige Ausbau der Bundesstraße ist mittlerweile beschlossene Sache – noch ist das Regierungspräsidium mit den Vorplanungen und Kartierungen beschäftigt.