Jens Theobaldt, Bürgermeister der Stadt Filderstadt Foto: Caroline Holowiecki

Jens Theobaldt arbeitet seit 22 Jahren in diversen Positionen bei der Stadt Filderstadt. Seinen jüngsten Jobwechsel haben wegen der Corona-Krise aber nur wenige mitbekommen. Ein Gespräch mit einem, dem statt des Händedrucks momentan nur das Telefon bleibt.

Filderstadt - Freitags darf es im Büro etwas lockerer sein. „Casual Friday“ nennen die Amerikaner die modische Lässigkeit zum Wochenausklang, und auch Jens Theobaldt trägt an diesem Freitag statt eines Anzugs Hemd, Jeans und Sneakers. Recht salopp für einen Bürgermeister. Aber er hat auch keine Außentermine. Letztlich hatte er bislang noch gar keine. Und so wird es noch eine Weile bleiben.

Seit dem 1. April ist der 46-Jährige Beigeordneter in Filderstadt, aber wegen Corona hat das kaum ein Bürger mitgekriegt. Sitzungen oder Veranstaltungen, bei denen er sich hätte vorstellen können: gestrichen. Keine Begegnungen, kein Händedruck, kein Smalltalk, nicht mal in allen Ämtern und kommunalen Eigenbetrieben, für die er neuerdings zuständig ist, konnte er sich bislang persönlich sehen lassen.

„Die Außenwirkung fehlt komplett“, sagt er in die Freisprechanlage seines Telefons, während irgendwo im Bürogebäude an der Martinstraße in Bernhausen gebohrt wird. Ob er sich das anders gewünscht hätte? Jens Theobaldt antwortet, wie es sich für einen Bürgermeister gebührt: „So hätte ich mir das nicht vorgestellt, keine Frage“, sagt er, und dann: „Das ist das geringste Problem, wie mein Start ist.“ Er spricht vom Jammern auf hohem Niveau. Echte Probleme hätten aktuell etwa die Geschäftsleute, die Gastronomen oder die Vereine.

Er hatte nicht geplant, in seinem Geburtsort zu bleiben

Jens Theobaldt kennt jede Menge von ihnen, viele persönlich. Als gebürtiger Bonländer, der die Kindheit und die Schulzeit in der Stadt verbracht hat, aber auch als alter Rathaus-Hase. Seit 22 Jahren arbeitet er fest bei der Verwaltung. Einige seiner Stationen: das Sozialamt, die Stadtkämmerei, der Bereich Wohnungs- und Gebäudeverwaltung, Leiter des Referats des Oberbürgermeisters. Zuletzt führte Jens Theobaldt acht Jahre das Amt für Familie, Schulen und Vereine an.

Der Diplom-Verwaltungswirt hat mehr oder weniger seine ganze berufliche Laufbahn in seinem Geburtsort verbracht. Los ging es im Einführungspraktikum als junger Student. Geplant habe er das nicht, „es war mir nicht klar, hier bleibe ich für immer“. Die Stadtverwaltung habe ihm allerdings stets „die Möglichkeit gegeben, gefördert und befördert zu werden“. Er habe viel bewegen können, also sei er gern geblieben. Manches Gesicht im Rathaus kenne er seit Stunde null. „Nur, weil ich jetzt Bürgermeister bin, sage ich nicht, dass sie mich jetzt siezen müssen.“

Ein großer Schritt in der Karriere, aber nur ein kleiner über den Flur

Im Januar hatte der Gemeinderat den Parteilosen klar zum Nachfolger von Andreas Koch gewählt. Ein großer Schritt in der Karriere, aber nur ein kleiner über den Flur. Jüngst ist Jens Theobaldt in sein neues Büro gewechselt, von der linken auf die rechte Seite. Würde er die Jalousien hochziehen, würde er dahinter die Dächer von Bernhausen sehen. Auch wenn dort die Straßen aktuell leerer sind als sonst, geht dem neuen Bürgermeister die Arbeit hinter den Kulissen nicht aus. Jetzt trägt er die Verantwortung für 625 Mitarbeiter und unter anderem die Bereiche Familien, Bildung, Vereine, Kultur, Integration und Soziales. Ob der einstige Azubi irgendwann auf den OB-Sessel will? „Nein“, sagt er wie aus der Pistole geschossen. „Dem gibt es nichts hinzuzufügen.“

Jetzt gilt es auch, erst mal in diesem Posten anzukommen. An die Anrede „Bürgermeister“ hat sich Jens Theobaldt nach eigenem Bekunden noch nicht gewöhnt. Er ist jetzt eine öffentliche Person. Umso wichtiger sei ihm der Schutz seines Privatlebens, seiner Frau und seines neunjährigen Sohnes. Seinen Wohnort nennt er daher nicht. Der neue Job bringt auch Entbehrungen. Von den Mannschaftswettkämpfen bei seinem Verein, dem LV Pliezhausen, hat sich der passionierte Läufer erst mal verabschiedet. Sein Sport ist ihm dennoch wichtig. Dabei könne er nachzudenken. Womöglich auch über die ersten öffentlichen Termine. Irgendwann werden auch sie kommen.