Für ständige Erreichbarkeit braucht es Funktürme. Doch gegen deren Bau regt sich immer wieder Widerstand. Foto: dpa

Warum darf eine Antenne auf der Höhe von Stuttgart-Rohr errichtet werden, eine an den Versuchsfeldern der Universität in Stuttgart-Hohenheim hingegen nicht? Wir sind diesem scheinbaren Widerspruch nachgegangen.

Rohr/Hohenheim - Auf der Rohrer Höhe ist der Ärger groß. Auf einer Grünfläche an der Musberger Straße möchte die Deutsche Funkturm, eine Tochter der Telekom, einen Mobilfunkmasten errichten. Zu nah an der Wohnbebauung, finden die Rohrer. In Hohenheim ist derweil ein Standort für einen Mobilfunkmasten an den Feldern der Universität abgelehnt worden. „Sind Felder denn empfindlicher als Menschen?“, fragt ein Sprecher der Initiative Sendemast Rohrer Höhe. Er verstehe, dass Forschung und Pflanzen wichtig seien, aber gelte das nicht auch für die Gesundheit von Menschen? „Hier leben Anwohner, von Neugeborenen bis zu fast 100-Jährigen im Haus Rohrer Höhe, nur wenige Meter vom geplanten Masten entfernt“, so der Sprecher.

Wo darf ein Mobilfunkmast errichtet werden?

Für die Aufstellung einer Funkstrahlenanlage gibt es strenge Vorgaben. „Jeder Standort muss die Kriterien der Bundesnetzagentur erfüllen“, sagt Thomas Saile, der Mobilfunkbeauftragte der Stadt Stuttgart. Diese geben auch vor, wie weit ein Sendemast von Wohnbebauung entfernt sein muss. In Rohr sei dieses Kriterium erfüllt, das Baurechtsamt habe deswegen den Standort genehmigt, heißt es von der Stadt. Die Anwohner kritisierten in der Vergangenheit allerdings, dass Langzeitfolgen der Strahlung noch gar nicht erforscht seien. Sie fürchten um ihre Gesundheit.

Wer entscheidet, wo ein Sendemast gebaut wird?

Der Eigentümer des Grundstücks, erklärt Thomas Saile. Die Fläche in Rohr ist eine städtische, die in Hohenheim gehört der Universität. Es liege somit in deren Ermessen, ob dort ein Mobilfunkmast errichtet werden kann oder nicht, sagt Saile. Das Grundstück an der Musberger Straße in Rohr ist „ein normales Verkehrsgrundstück, kein Naturschutzgebiet“, sagt Saile. Der Bau sei deswegen aus Sicht der Stadt kein Problem. Man habe versucht, einen anderen Standort zu finden. So seien etwa 20 Gebäudeeigentümer kontaktiert worden, ob sie ihr Dach für einen Masten zur Verfügung stellen. Alle hätten abgelehnt. Die Stadt habe somit keine Alternative zum jetzt genehmigten Standort gehabt.

Warum hat die Uni Hohenheim den Standort an ihren Feldern abgelehnt?

Bereits im März erklärte die Pressestelle der Uni Hohenheim ihre Gründe für die Ablehnung. Grundsätzlich stehe man den technischen Entwicklungen und der dafür notwendigen Aufstellung von Mobilfunkmasten offen gegenüber, heißt es in einer Pressemitteilung. So habe die Uni schon vor Jahren zugestimmt, das Biologiegebäude als Standort für eine Funkantennenanlage zu nutzen. Eine zweite Anlage sei 2018 errichtet worden.

„Auch weiteren Anlagen steht die Universität Hohenheim offen gegenüber – solange deren bauliche Infrastruktur nicht den Forschungsbetrieb behindert“, heißt es von der Pressestelle. Und genau das wäre an den Versuchsfeldern der Fall. Denn dort würden Langzeitversuche durchgeführt, die zum Teil über Jahrzehnte dauern. „Um wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen, ist die Versuchsstation auf einheitliche Versuchsbedingungen angewiesen. Das heißt, Böden müssen in allen Parzellen gleich sein und dürfen sich auch über die Jahre nicht verändern, da in der Forschung selbst kleine Änderungen einzelner Versuchsfaktoren von hoher Relevanz sind“, erklärt die Uni.

Der Bau einer Funkanlage samt Fundament und Kabeln verursache Bodenverdichtungen, das Bodenprofil werde beeinträchtigt. Die fertige Anlage würde die Feldbearbeitung „massiv erschweren“, heißt es in der Pressemeldung. „In der direkten Umgebung würden ihr Schattenwurf und unterschiedlichen Befahrungen für Betrieb und Wartung die Nutzung für Feldversuche ausschließen.“ Die Uni wolle sich der Digitalisierung nicht verschließen, im Gegenteil. Sie wolle das Thema „Digitale Transformation“ in den kommenden Jahren gezielt stärken, heißt es in der Pressemeldung. Beim vorgesehenen Standort an den Versuchsfeldern allerdings habe man abwägen müssen und letztlich der Forschung den Vorzug vor der Digitalisierung gegeben.

TV-Sendung aus Stuttgart-Rohr

Die Rohrer Bürger haben von einer Produktionsfirma Besuch bekommen, die für das ZDF Beiträge filmt. In der Umwelt-Dokumentationsreihe „Planet E“ dreht sich eine Folge um den Ausbau von 5G-Netzen, also schnellem Internet. „Es geht um die Standortauswahl, um Befürchtungen der Anwohner und um den Wertverlust angrenzender Immobilien“, zählt der Sprecher der Initiative auf. Rohr sei nur eines mehrerer Beispiele, die in der Sendung behandelt werden. Ausstrahlungstermin ist am Sonntag, 28. Juli, 16.30 Uhr, im ZDF.