Trotz rückläufiger Zahl der Flugbewegungen nehmen die Flugbeschwerden zu. Foto: Mierendorf

Für die Bewohner auf den Fildern ist die Zumutbarkeitsgrenze in Sachen Fluglärm überschritten.

Filder - Die Zahl der Flugbewegungen am Flughafen in Echterdingen ist von 139 600 im Jahr 2011 auf 134 700 im vergangenen Jahr zurückgegangen. An fünf von acht Messstellen, die den sogenannten Dauerschallpegel des Flugverkehrs ermitteln, ist dieser Wert 2012 ebenfalls leicht gesunken. Trotz dieser Entwicklung hat die Zahl der Beschwerden über Fluglärm bei Klaus Peter Siefer, dem Lärmschutzbeauftragten für den Landesflughafen, 2012 deutlich zugenommen. Im jüngst vorgelegten Lärmschutzbericht hält der Mitarbeiter des Stuttgarter Regierungspräsidiums 1206 „statistisch berücksichtigte Beschwerden“ fest, was einem Anstieg um 31 Prozent im Vergleich zu 2011 entspricht.

Einen Anstieg der Eingaben beobachtet Siefer vor allem aus Orten am westlichen Flughafenende. „Diese Steigerung wird hauptsächlich durch einzelne Beschwerdeführer aus Leinfelden und Stuttgart-Vaihingen sowie mehr Beschwerden aus dem weiteren Umfeld des Flughafens erzeugt“, schreibt Siefer in seinem Bericht. Paradoxerweise haben gerade die westlich gelegenen Fluglärmmessstellen 2012 weniger Düsenlärm aufgezeichnet, obwohl 61 Prozent aller Starts in Richtung der Weidacher Höhe bei Stetten erfolgt sind.

Claudia Moosmann aus Leinfelden, Mitglied in der offiziellen Fluglärmkommission für den Filder-Airport und beim regelmäßig in L.-E., Rohr und Plieningen stattfindenden Fluglärm-Stammtisch aktiv, hat für diese Entwicklung eine Erklärung parat. „Der Lärm von der Straße, von Betrieben und aus der Luft nimmt insgesamt zu. Und bei empfindlichen Bürgern liegen mittlerweile die Nerven blank“, sagt sie. Wenn die individuelle Zumutbarkeitsgrenze überschritten sei, führe das zu mehr Beschwerden und in der Folge „zu mehr Gesundheitsschäden“.

Die überörtliche Initiative leitet aus dem aktuellen Lärmschutzbericht erneut Forderungen an die Politik ab. Moosmann: „Der Lärm nimmt insgesamt zu, aber der Gesetzgeber betrachtet Lärm noch immer getrennt nach dessen Quellen. Die Menschen erwarten aber, dass die Politik endlich mal einen Punkt setzt, damit der Lärm nicht mehr zunehmen kann.“ Möglichkeiten, so Moosmann, gäbe es. Beispielsweise durch die Umsetzung einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006, wonach der Lärm in seiner Gesamtheit zu betrachten wäre. „Das aber wird von keiner Partei als Wahlkampfziel beschrieben“, ärgert sich die ehemalige SPD-Stadträtin.

Betroffene fühlen sich nicht erst genommen

Dass der Lärmschutzbeauftragte nach eigener Auftragsbeschreibung unparteiisch und mit dem Ziel tätig ist, „um die Minderung des vom Flugbetrieb ausgehenden Fluglärms besorgt zu sein“, kommt bei Betroffenen offenbar so nicht immer an. Sie fühlen sich von Siefer nicht ernst genommen. In den meisten Fällen seien die Beschwerden unbegründet, fasst Siefer zusammen. „Viele rufen deshalb schon gar nicht mehr an“, sagt Curt Günther von der Initiative Fluglärm Stuttgart, die sich ebenfalls intensiv am Stammtisch beteiligt. Er kritisiert auch die Praxis, dass viele Beschwerden eines Einzelnen aus der Jahresauswertung herausfallen. „So wird die Statistik verfälscht“, sagt Günther und spricht von „Manipulation“. Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde und der Fluglärmkommission würden hingegen gerade diese Beschwerden „die Statistik extrem verfälschen“, heißt es dazu im Jahresbericht 2012.