Schüler der Bismarckschule gehen schon lange nicht mehr in den Treff an der Leobener Straße. Das Gebäude wird jetzt als Unterkunft für Obdachlose genutzt. Foto: Georg Friedel

In dem ehemaligen Waaghaus an der Leobener Straße sind 15 Plätze für Obdachlose geschaffen worden.

Feuerbach - Das Eingangstor ist mit einer Kette samt Vorhängeschloss gesichert. Die Fensterläden sind geschlossen, und der in Stein gehauene Schriftzug „Feuerbacher Schülertreff“ setzt schon Moos an. Das ehemalige Feuerbacher Waaghaus mit dem markanten roten Türmchen wirkt verlassen. Ist es aber nicht, zumindest nicht das ganze Jahr. Die Stadt nutzt das ihr gehörende Gebäude seit dem vergangenen Winter bei Bedarf als städtische Unterkunft für obdachlose Menschen.

Im vergangenen Winter konnten erstmals in dem Haus Wohnsitzlose übernachten. „Wir bieten dort 15 Plätze an“, sagt der stellvertretende Leiter des Sozialamts Stefan Spatz. Auch in diesem Frühjahr seien dort vorrübergehend Menschen untergekommen, die keinen Schlafplatz mehr in der zentralen Unterkunft in Stuttgart-Mitte erhalten haben. Ob die Feuerbacher Ausweichstelle auch nun im Sommer benötigt werde, sei nicht sicher, sagt Spatz. „Aber ab dem 4. November wird die Notunterkunft den Winter über geöffnet.“ Allerdings nur für obdachlose Männer. Aufgrund der sanitären Anlagen sei die Einrichtung nicht für eine Mischbelegung mit Frauen und Männern geeignet, betont der stellvertretende Sozialamtschef.

Der Ausbau eines Ausweichquartiers in Feuerbach sei unumgänglich geworden, weil die Plätze in der Innenstadt nicht mehr ausgereicht hätten. „Unsere zentrale Notunterkunft befindet sich an der Hauptstätter Straße. Dort können wir bis zu 55 Personen unterbringen“, so Spatz. Eine höhere Belegung sei aus brandschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Die Verantwortlichen bei der Stadt waren deshalb auf der Suche nach einer weiteren Unterbringungsmöglichkeit und wurden in Feuerbach fündig. Der Bedarf an Notunterkunft-Plätzen habe sich vor allem deshalb erhöht, weil immer mehr Armutsflüchtlinge aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien in das Land strömen. Ein Teil dieser Menschen, die hier Arbeit suchen, rutsche in die Obdachlosenszene ab. Dieses Phänomen sei in letzter Zeit verstärkt zu beobachten, so Spatz.

Bisher keine Beschwerden aus Feuerbach

Die ersten Erfahrungen mit der Belegung des neu eröffneten Ersatzquartieres in Feuerbach seien positiv: „Es lief gut bisher. Der künftige Träger der Einrichtung ist wie in der Hauptstätter Straße die Evangelische Gesellschaft“, so Spatz. Die Stadt werde aber im kommenden Jahr eine Bilanz ziehen und sich darüber Gedanken machen, ob eine längerfristige Nutzung des Gebäudes in Frage komme.

Für Bezirksvorsteherin Andrea Klöber spricht nichts gegen eine weitere Belegung des ehemaligen Schülertreffs (Fesch) mit Obdachlosen: Bisher habe es nicht eine einzige Beschwerde aus Feuerbach gegeben, die an sie herangetragen worden sei, sagt sie. Andere Nutzungsideen gab es freilich auch. Der örtliche Jugendrat habe vorgeschlagen, das für die Schülerbetreuung nicht mehr benötigte Gebäude in Zukunft als Jugendtreff zu nutzen. Eine Umfrage unter Jugendlichen sei durchgeführt worden, so Klöber. Die Bandbreite der Vorschläge reichte vom Jugendcafé bis zum Schülertreff als passender Ort zum Überbrücken der Hohlstunden und Mittagspausen. Doch als es um die konkrete Umsetzung eines solchen selbstverwalteten Projektes ging, erlahmte die Initiative.

Die frühere SPD-Bezirksbeirätin Marianne Hafner kann sich noch an die Schülertreff-Zeiten erinnern. „Wir haben das marode Gebäude weitgehend in Eigenregie wieder in Schuss gebracht – vom Dach bis zum Fußboden. Viele Feuerbacher Betriebe und Privatpersonen haben uns geholfen und mit Spenden unterstützt“, sagt die ehemalige Elternvertreterin der Bismarckschule. Die Schüler der Werkrealschule konnten im Fesch zu Mittag essen und spielen. Zudem gab es eine Hausaufgabenhilfe. „Es war eine tolle Zeit“, sagt Hafner. Ein „bissle blute ihr das Herz“, auch wenn sie es ausdrücklich begrüße, dass dort nun Menschen untergebracht seien, die sonst in der kalten Jahreszeit frieren müssten und kein Dach über dem Kopf finden würden. Ähnlich empfindet das auch Christoph Hedoch von der Mobilen Jugendarbeit in Feuerbach. Er leitete mehr als sechs Jahre den Schülertreff. „Natürlich ist es sinnvoll, dass die Räume nun hauptsächlich im Winter als Notunterkunft genutzt werden.“ Aber eigentlich sei es schade, dass das Gebäude den Rest des Jahres leer stünde.