Ein Alarmfall im Juni in Gablenberg im Stuttgarter Osten: Eine Bewohnerin überlebt, ihre Katze aber nicht. Foto: SDMG

Die Stuttgarter Feuerwehr ist überzeugt: Rauchmelder bringen was. Sie retten Menschenleben und verhindern oft größeren Schaden. Seit zwei Jahren sind sie Pflicht – und was hat es gebracht?

Stuttgart - Die 71-jährige Frau sei inzwischen wieder auf dem Wege der Besserung, sagt die Polizei. Es hatte nicht gut ausgesehen, als Mitte Juni in ihrer Wohnung an der Klingenstraße in Gablenberg ein Brand ausbrach. Dabei war der giftige Rauch das Problem, weniger das Feuer. Der Rauchmelder piepste, die Bewohnerin rief um Hilfe, Nachbarn alarmierten die Feuerwehr. Lebensgefährlich verletzt wurde sie aus den Räumen im zweiten Obergeschoss gerettet. Für ihre Katze jedoch kam jede Hilfe zu spät. Sie verendete im Qualm.

Einer der folgenschwersten Brände in diesem Jahr in Stuttgart hätte leicht mit einer Toten enden können. Denn fast hätte auch der Rauchmelder nichts geholfen: „Es kommt eben darauf an, dass ihn jemand hört, richtig einordnet und uns anruft“, sagt Feuerwehrsprecher Christopher Haigis.

Und das ist statistisch mindestens einmal täglich der Fall. Seit Juli 2016 registriert die Stuttgarter Branddirektion die Alarmfälle durch Rauchmelder – und staunte: „Im ersten halben Jahr hatten wir 1,33 Einsätze pro Tag“, sagt Haigis. Daran habe sich bis heute wenig geändert. Nach über einem Jahr der statistischen Erfassung liegt der tägliche Schnitt bei 1,2 Alarmfällen. Genauer: Es gab 467 Einsätze an 385 Tagen.

Ein Möhringer kann seine Familie retten

Die Einführung der Rauchmelderpflicht für Wohnungseigentümer zum Jahresbeginn 2015 in Baden-Württemberg hatte zunächst die erwarteten Folgen: Die Zahl der Alarme stieg an – was sich bei den Kleinbränden zeigte, zu denen auch kokelnde Toastbrote oder schmorende Kochtöpfe gehören. Die Zahl stieg 2015 im ersten Rauchmelderpflichtjahr auf 1231 Einsätze. Zum Vergleich: In den Jahren davor lagen die Werte stets unter 1000. Im Jahr 2016 ging die Zahl der Kleinbrände auf 1101 zurück – plus 245 Rauchmelderalarme in der zweiten Jahreshälfte. „Dazu gehören aber auch ein paar Fehlalarme durch Wasserdampf oder technische Ursachen“, so Haigis.

Für den Brandschutzexperten ist der Rauchmelder ein Erfolgsmodell. „Die vorrangige Aufgabe, Menschenleben zu retten, wird erfüllt“, sagt Haigis. Das zeigt nicht nur ein ganz aktueller Fall im Stuttgarter Norden. Auch ein 47-jähriger Möhringer kann dies bestätigen, der im Mai morgens um fünf von dem Piepser geweckt wurde. Im Keller des Wohnhauses an der Tailfinger Straße war ein Feuer ausgebrochen – überhitzte Akkus waren wohl die Ursache. Der Familienvater konnte sich, seine Ehefrau und drei Kinder rechtzeitig nach draußen bringen. Oder im Februar in Hedelfingen. Ein Pflegedienst hatte eine Patientin in hilfloser Lage vermutet und die Feuerwehr alarmiert. Die Einsatzkräfte registrierten in der Wohnung an der Amstetter Straße einen piepsenden Rauchmelder – und retteten die Frau, die hilflos am Boden lag.

Dass die Feuerwehr wohl öfter auch in harmlosen Fällen ausrücken muss, ist für Haigis kein Problem: „Oft handelt es sich eben um Entstehungsbrände, bei denen man rechtzeitig löschen und Schlimmeres verhindern kann.“ Dies sei ein erfreulicher Nebeneffekt. Das belegt die Stuttgarter Brandstatistik: Die Zahl der sogenannten Mittelbrände ist im letzten Jahr deutlich gesunken – von 61 auf 38. Dazu gab es vier Großbrände – im Jahr davor waren es sieben.

Tote hat es in Stuttgart schon länger nicht mehr gegeben. Nicht in der Feuerwehrstatistik taucht ein Fall vom 11. Februar 2015 auf, wo ein 72-Jähriger tot in seinem Bett im Burgholzhof gefunden wurde – eine Zigarette dürfte einen kleineren Schwelbrand ausgelöst haben, der von selbst erlöschte. Als letzter Brandtoter gilt ein 53-Jähriger, der am 30. Oktober 2014 in einer Dachgeschosswohnung im Sparrhärmlingweg im Hallschlag ums Leben kam.

Brandstifter wider Willen auf vier Pfoten

Nicht nur in Stuttgart, auch in der Region konnten Rauchmelder zuletzt Schlimmeres verhindern. Vor einer Woche wurden in einem Haus in Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) Nachbarn auf einen Piepser aufmerksam – und fanden einen 66-Jährigen bewusstlos in der verrauchten Wohnung, während Gemüse in der Küche schmorte. Drei Tage davor hörte in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) ein Bewohner piepsenden Alarm. Im Keller der abwesenden Nachbarn war ein Kühlschrank in Flammen aufgegangen.

Den ungewöhnlichsten Brandstifter gab es in Waiblingen-Neustadt. Dort drang eine 24-Jährige in die verrauchte Wohnung einer abwesenden Nachbarin ein. Den Schwelbrand hatte eine Katze ausgelöst, die auf einem modernen Herd mit Touch-Display herumgetapst war. Was darauf in Flammen aufging, war eine Packung Katzenfutter.