Die Dinner-Party im Hotel Jaz in the City ist beliebt – für manche Gäste endet sie früh als gewünscht. Foto: Andreas Engelhard

Was sich Europaviertel nennt, ist zuweilen tiefste Provinz. Wer im Hotel Jaz in the City feiert, muss sich sputen. Die Parkgarage nebenan schließt samstags um 21.30 Uhr. Wer danach raus will, zahlt 52 Euro. Der Ärger über Stress in the City ist groß.

Stuttgart - Wohin sollte man sich in Stuttgart aufmachen, wenn man den Geist der Stadt sucht? Über das als „hipp, lässig und trendy“ angepriesene Designerhotel im neuen Europaviertel teilte das Unternehmen Deutsche Hospitality aus dem Hause Steigenberger zur Eröffnung mit: Die Cloud No 7 und Jaz in the City stehen symbolisch für den Spirit von Stuttgart.“ Was die Hotelmacher nicht sagten: Die Geisterstunde ist hier ziemlich früh.

Eine Frau aus Tübingen wollte großstädtisches Leben erkunden, als sie am vergangenen Samstag zum Event „Dinner und Party“ nach Stuttgart fuhr, der mit einem Drink auf der Dachterrasse des Jaz in the City cool begann. Da das neue Hotel, das der „Hotspot in Stuttgart“ sein und „das Lebensgefühl der Stadt widerspiegeln“ will, in der gemeinsamen Tiefgarage mit der Cloud No 7 lediglich über 21 Parkplätze verfügt, die bei 160 Zimmern und Suiten rasch belegt sind, fuhr die nächtliche Ausflüglerin ins Parkhaus des nahen Einkaufszentrums Milaneo. Sie fand einen freien Platz im Parkbereich C.

Für 52 Euro wird die geschlossene Tür geöffnet

Es schien, ein schöner Abend zu werden. Viel Spaß hatte die zu diesem Zeitpunkt noch gut gelaunte Tübingerin. Mit einer Freundin hatte sie sich verabredet. Erst genossen die beiden die Aussicht auf die leuchtende Stadt von der Plattform des sechsten Stocks aus. Sodann ging’s nach unten ins Restaurant, wo Veranstalterin Sandra Vogelmann ihren Gästen (dabei: Rennfahrer-Legende Hans Hermann, Oldtimer-Restaurator Klaus Kienle, Moderatorin Anja Maria Schäfer-Oettinger, Ex-Regierungssprecher Otto Hauser, Esther Müller, die Managerin von Gotthilf Fischer, Schönheitschirurg Christian Fitz), Kultur und Kulinarik in angenehmer Atmosphäre bot.

Die Nacht war noch jung, als sich die Frau aus dem Umland erkundigte, wann die Parkgarage des Milaneo schließt. Die Antwort hielt sie für einen Scherz: samstags um 21.30 Uhr. Niemals hätte sie gedacht, dass in einer Großstadt so früh Feierabend ist. Sie hatte keine Warnhinweise im Parkhaus und im Hotel gesehen.

Und so wurde der schöne Abend im Jaz in the City zum Stress in the City. Es war 21.25 Uhr! Die Frau aus Tübingen rannte zum Auto. Um 21.30 Uhr, versichert sie, habe sie es erreicht. Zu spät! Alles war runtergelassen. Als sie am Kassenautomat um Hilfe klingelte, erfuhr sie, dass man ihr helfen könne. Für 52 Euro werde man das geschlossene Tor öffnen.

Nachbarschaftshilfe geht anders

Hoteldirektor Stefan Schär ist tief unglücklich über die Parkplatznot. Nicht selten kommt es vor, sagt er, dass seine Gäste 52 Euro zahlen müssen, um sich aus der Gefangenschaft ihres Autos zu befreien. Im Parkbereich C des Milaneo ist früh Schluss. Nur die Bereiche A und B sind durchgängig geöffnet. Weil Schär selbst nur 21 Stellplätze unter seinem Hotel sein eigen nennt, hat er auf der anderen Straßenseite 30 Parkplätze angemietet. Aber auch die reichen nicht, wenn samstags gefeiert wird. Veranstalterin Sandra Vogelmann weist bei ihren Einladungen ins Jaz stets auf das Parkproblem hin – aber nicht jeder bekommt dies mit.

Nachbarschaftshilfe geht anders. Das Milaneo lehnt ab, Wegweiser auf das Hotel anzubringen. Die Folge sind Irrwege und Verärgerungen der suchenden Gäste. Wie kann man ein „Hotel der Zukunft“ bauen mit so wenigen Parkplätzen? Weil die Zukunft der City autofrei ist? Projektentwickler Philipp Deutsch sagt, dass es für Cloud No 7 und Jaz in the City 128 Stellplätze in der Tiefgarage gibt. Die meisten davon gehören den Wohnungsbesitzern. Neben den 21 Hotel-Parkplätzen stünden 20 Kurzzeitplätze allen zur Verfügung.

Hieß es früher nicht mal, in Stuttgart würden nachts die Gehsteige hochgeklappt? Heute werden Parkgaragen um 21.30 Uhr geschlossen. Die Tübingerin sagt, zum Feiern ins Europaviertel sei sie zum ersten – und zum letztenmal gekommen.

Gute Nacht, Spirit of Stuttgart! Auf dem Land lacht man schon über uns.