Der Krankenstand bei Stuttgarter Müllwerkern ist extrem hoch Foto: dpa

Laut AOK sind die Stuttgarter Müllwerker mit 41,2 krankheitsbedingten Fehltagen im Jahr 2014 im Vergleich zu anderen Berufsgruppen traurige Spitzenreiter. Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle hält das Arbeitsklima bei Abfallwirtschaft für gut und sieht die Gründe für den hohen Krankenstand in Stuttgarter Besonderheiten.

Stuttgart - Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) sieht keinen Handlungsbedarf aufgrund des extrem hohen Krankenstands in der Stuttgarter Abfallwirtschaft. Laut aktueller Zahlen der Krankenkasse AOK sind die Stuttgarter Müllwerker mit 41,2 krankheitsbedingten Fehltagen im Jahr 2014 im Vergleich zu anderen Berufsgruppen traurige Spitzenreiter. Auch im Vergleich mit dem landesweiten Durchschnittswert in der Abfallwirtschaft schneiden die Stuttgarter Müllwerker schlecht ab: Rund zehn Tage fehlen sie länger als der baden-württembergische Durchschnitt.

„Wir haben einen sehr hohen Wert in Stuttgart“, räumt daher auch Wölfle ein. Jedoch sehe er darin keinen alarmierenden Zustand. Als Gründe dafür, warum der Krankenstand der Stuttgarter Müllwerker aus dem Ruder läuft, nennt er einige Stuttgarter Besonderheiten: „Wir bieten die Sonderleistung an, dass unsere Abfallwirtschaft die Mülltonnen am Standplatz abholt.“ Dieser Service werde nicht in jeder Stadt angeboten und sei auch oft aus Kostengründen diskutiert worden. Doch bei „all den Stäffele und topografisch schwierigen Wohnsituationen können wir es gerade älteren Menschen nicht zumuten, die Tonnen steile Treppen herunterzuwuchten“.

Den Müllwerkern jedoch schon? „Die machen das schließlich jeden Tag“, sagt Wölfle. Klar sei jedoch auch, dass diese schwere körperliche Arbeit nicht gesundheitsförderlich sei. Dazu komme, dass im öffentlichen Dienst auch sogenannte leistungsgeminderte Beschäftigte, die nicht das volle Arbeitspensum schaffen können, weiter beschäftigt werden. „Wir erfüllen auch einen sozialen Auftrag, und darauf sind wir stolz“, sagt der Verwaltungsbürgermeister. Doch dies habe ebenfalls Auswirkungen auf den Krankenstand.

Dass Rückenschmerzen, die bei den Müllwerkern häufig für Ausfälle sorgen, laut Experten oft psychische Ursachen haben, ist Wölfle bekannt. „Die Frage, ob das Arbeitsklima nicht stimmt, ist naheliegend, aber ich sehe keine Anzeichen dafür.“ Im Gegenteil seien die Müllwerker der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) laut Wölfle stolz darauf, bei einem kommunalen Unternehmen angestellt zu sein. Die Identifikation mit dem Job sei hoch, was auch an dem geringen Wechsel der Arbeitskräfte erkennbar sei. Doch auch dies sei ein Grund für krankheitsbedingte Fehlzeiten: „Viele Mitarbeiter sind schon lange dabei und dementsprechend in einem hohen Alter.“

Das EDV-Programm, das vor zehn Jahren schrittweise eingeführt wurde und mit dem sich täglich auf Knopfdruck der aktuelle Krankenstand im Rathaus ablesen lässt, soll laut Wölfle zu einer „höheren Sensibilisierung“ geführt haben. Doch daraus resultierende Gesprächs- oder Sportangebote stoßen nicht immer auf Begeisterung bei den Angestellten: „Gerade Mitarbeiter mit einer körperlich schweren Arbeit lassen sich schwer davon überzeugen, dass ihnen Ausgleichssport guttun würde.“ Ob die freiwilligen Angebote des Arbeitgebers Wirkung zeigen, liegt demnach auch am Wille des Arbeitnehmers.