FDP-Chef Christian Lindner steht im Mittelpunkt. Foto: dpa

Christian Lindner ist der Star auf den Wahlplakaten der FDP – und nun auch im neuen Wahlwerbespot der Partei. Das wird im Netz kontrovers diskutiert. Innovativ, sagen die einen, andere kritisieren die Ein-Mann-Show. Und nicht jeder versteht die Botschaft, die dahinter steckt.

Stuttgart - Zwei Werbespots veröffentlichte die FDP für den Bundestagswahlkampf. Der Zuschauer steht vor der Wahl: Knapp zwei Stunden liberales Wahlprogramm, das Wort für Wort, rasend schnell und mit hämmernder Hintergrundmusik präsentiert wird oder eineinhalb Minuten schwarz-weiße Fokussierung auf Christian Lindner. Die Wahl fällt auf das eineinhalbminütige Video.

Der Spot mit dem Slogan „Denken wir neu“ ist seit Sonntag auf der Homepage der Freien Demokraten zu sehen und wird auch im Fernsehen gezeigt werden. Wer bereits die diesjährigen Wahlplakate der FDP an den Straßenrändern bestaunen durfte, dem wird klar sein, wer im Werbespot die Hauptrolle spielt: Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP und Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, zeigt sich auch im Video von allen Seiten. Anders als auf den Wahlplakaten sind es aber dieses Mal keine Studioaufnahmen von der einen Kopf- bzw. Körperhälfte Lindners. Im Video nimmt Christian Lindner den Zuschauer mit in seinen Alltag. Dieser ist schwarz-weiß. Die FDP und die Heimat Berlin Werbeagentur, die den Clip erstellt hat, setzen auf schlichte Eleganz. Das Leben ist bei der FDP nicht bunt. Es ist harte Arbeit und schnell. Das wird dem Zuschauer durch die rasche Bilderabfolge und die im schnellen Takt hämmernde Hintergrundmusik deutlich.

Mehr als 40 Bilder zeigen Lindner

Anders als auf den Wahlplakaten zeigt der Werbespot nicht nur Christian Lindner. Auch bekannte Gesichter wie Wolfgang Kubicki und Katja Suding tauchen auf. Da die Bilder aber so schnell abgespielt werden, bleibt wenig von anderen FDP-Kandidaten für die Bundestagswahl hängen. Wer aber hängen bleibt, ist klar: Christian Lindner. Mehr als 40 Bilder zeigen den FDP-Politiker beim Kampf um die Prozente für den Einzug in den Bundestag, mal mit dem Tablet in der Natur oder im Flugzeug, mal mit dem Smartphone in der Hand am See oder beim Gespräch im Auto. Die Botschaft: Christian Lindner strengt sich an für sein Land. Er gibt alles, selbst beim Friseur hat er eine grübelnde Miene aufgesetzt.

Moment mal, beim Friseur? Der Wahlwerbespot sorgt an vielen Stellen für Verwirrung. Es ist nicht nur seltsam, Christian Lindner beim Kaffeebestellen und -trinken zuzuschauen oder ihm durch dunkle Straßen und beim Autofahren zu begleiten. Der Zuschauer fragt sich: Was hat die FDP mit einer Taube und einem Huhn zu tun? Und warum ist eine junge Frau zu sehen, die zehn Pizzen auf ihren Armen trägt? Ist das die Belohnung für das Aufhängen der Lindner-Wahlplakate in der ganzen Bundesrepublik? Außerdem scheint im Werbespot das Rauchen wieder im Trend zu liegen. Dabei hat der erst kürzlich präsentierte Drogen- und Suchtbericht 2017 gezeigt, dass Jugendliche und junge Erwachsene weniger rauchen. Rauchen erscheint out. Die Bilder von jungen Menschen im weißen Rauch und mit Zigarette in der Hand im Werbeclip könnten allerdings glatt als Zigaretten-Werbung durchgehen. Fehlt nur noch die Mahnung, dass Rauchen tödlich sein kann.

Das Zuhören fällt oft schwer

Bei den vielen Bildern, die rasend schnell aufeinanderfolgen, fällt das Zuhören schwer. Konzentriert man sich auf die Worte von Christian Lindner, der auch die Rolle des Kommentators übernommen hat, kann auch das irritieren. Der Zuschauer darf überlegen, was er anders machen würde, dürfe er ein Land auf einer grünen Wiese neu bauen. Dazu wirft die FDP viele Fragen auf und hat neue Ideen, die „nicht jeder gut“ findet, „eigentlich sogar katastrophal“. Trotz des Widerstandes wird daran festgehalten. Dabei zeigt sich Lindner kämpferisch, zum Beispiel auf der Bühne des Stuttgarter Opernhauses. Er steht im Mittelpunkt, er wird als der große Vordenker präsentiert.

Die Reaktionen auf den Wahlwerbespot fallen bisher unterschiedlich aus. Manche Facebook-User feiern den Clip als modern und innovativ. Da ist etwas dran. Im Gegensatz zu den bisher veröffentlichten Wahlspots anderer Parteien ist der FDP-Clip herausragend, er polarisiert viel mehr als Merkels Gedanken über das „Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“. Andere kritisieren die „Ein-Mann-Show“ Lindners, auch das Wort „Narzisst“ fällt in den Sozialen Medien.