Somalische Flüchtlinge Foto: picture alliance/AP Photo/Farah Abdi Warsameh

Die FDP fordert eine Weltbevölkerungskonferenz, um über Familienplanung in Afrika und Klimaschutz zu reden. „Denn hier rennt uns die Zeit weg“, sagt der Entwicklungspolitiker Christoph Hoffmann im Interview.

Berlin - Ohne Kontrolle des Bevölkerungswachstums drohen Ressourcenknappheit und eine Beschleunigung des Klimawandels, warnt der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Hoffmann. Er fordert daher eine Weltbevölkerungskonferenz. Einen entsprechenden Antrag bringt die FDP am Donnerstag im Bundestag ein.

Die Zahl der Menschen auf dem Planeten nimmt zu, das ist einer besseren Versorgung mit Nahrungsmitteln und medizinischen Angeboten zu verdanken. Warum ist das aus Ihrer Sicht dennoch keine gute Nachricht?

Es ist natürlich eine positive Nachricht, dass inzwischen mehr Menschen auf diesem Planeten besser versorgt werden können. Das muss aber nicht so bleiben. Besonders in manchen afrikanischen Staaten südlich der Sahara ist die Geburtenrate so hoch, dass sich dort die Bevölkerung innerhalb von 20 Jahren verdoppelt. Für diese Menschen braucht es Schulen, Lehrer und Jobs. Es drohen aber Armut, der Zwang zur Migration sowie ein dramatisch ansteigender Ressourcenverbrauch. Für eine ausreichende Produktion von Nahrungsmitteln müssten Agrarflächen auf Kosten des Waldes ausgeweitet werden, was sich wiederum negativ auf das Klima auswirkt. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung.

Können Sie das Problem anhand einiger Zahlen erläutern?

Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass die Weltbevölkerung bis 2050 von derzeit etwa 7,7 Milliarden Menschen auf 9,7 Milliarden wächst und sich ab 2100 bei etwa 11 Milliarden einpendelt. Demnach müssen wir in den nächsten 30 Jahren also zwei Milliarden Menschen mehr ernähren. Dafür brauchen wir laut UNCCD (United Nations Convention to Combat Desertification) bis 2050 eine Steigerung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion um 50 %, um diese 9,7 Milliarden zu ernähren. Gleichzeitig verschwinden aber landwirtschaftliche Nutzflächen, etwa aufgrund von Wüstenbildung. Dies führt Prognosen zufolge um einen Rückgang der Ernteerträge um 10 Prozent.

Wie kann die Nahrungsmittelproduktion gesteigert werden, ohne dass Waldflächen verloren gehen?

In vielen afrikanischen Ländern betreiben bisher weitgehend Kleinbauern eine Landwirtschaft für den Eigenbedarf. Das muss intensiviert werden, indem der Einsatz von Kunstdünger verstärkt, Produktionsmethoden modernisiert und der Ertrag durch Pflanzenzüchtungen gesteigert werden. Aus meiner Sicht sollte zudem auch auf Genmais gesetzt werden, der resistenter gegen Schädlinge oder Klimaveränderungen ist. Bislang geht in Afrika deswegen noch etwa ein Drittel der Maisernte verloren.

Schauen wir auf das Bevölkerungswachstum: Welche Lösungen schlagen Sie hier vor?

Wenn die Menschen erst einmal da sind, müssen sie selbstverständlich ernährt werden. Der einzige richtige Ansatz ist, intensiv Familienplanung und Bildung zu fördern, um damit auch die Selbstbestimmungsrechte der Frauen zu stärken. Immer noch hat aber die Hälfte der Frauen in Afrika keinen Zugang zu Verhütungsmitteln. Zudem muss sich das Familienbild ändern, bislang gelten in afrikanischen Ländern viele Kinder als die beste Altersvorsorge. Die Regierungen vor Ort sollten daher einerseits mit internationaler Hilfe Reformen vorantreiben und die Vorteile von kleinen Familien aufzeigen. Andererseits wird Bevölkerungswachstum automatisch langsamer, wenn Frauenrechte gestärkt, Bildungs- und Gesundheitsangebote ausgebaut und angemessene Beschäftigung geschaffen wird. Wenn wir aber das Bevölkerungswachstum nicht in den Griff kriegen, hilft auch eine Ertragssteigerung in der Landwirtschaft nichts. Deswegen muss auch die Bundesregierung ihren finanziellen Beitrag zur Bildung, Gesundheit und Aufklärung in Afrika deutlich steigern.

Alleine kann ein Land wie Deutschland aber auch nicht viel ausrichten.

Wir fordern deswegen eine Weltbevölkerungskonferenz, denn wir sprechen hier über globale Probleme mit globalen Folgen. Dann muss es nicht nur um Familienplanung, sondern auch um Ressourcenverbrauch und Klimaschutz gehen, denn hier rennt uns die Zeit weg. Im Augenblick führt uns die Bevölkerungsentwicklung gepaart mit dem beschleunigten Klimawandel in ein dramatisches Krisenszenario.