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Der FDP-Ehrenvorsitzende und frühere Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff ist tot. Er starb am Samstag, wenige Tage vor seinem 83. Geburtstag.

Berlin - Trauer um einen bedeutenden Liberalen: Der FDP- Ehrenvorsitzende und frühere Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, einer der prägenden Politiker der Bundesrepublik, ist tot.

Er starb am Samstag im Alter von 82 Jahren in einem Bonner Krankenhaus, wie sein Büro am Sonntag mitteilte. Führende FDP-Politiker und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigten Lambsdorff als menschlich wie politisch gleichermaßen herausragenden Liberalen.

Graf Lambsdorff, der am 20. Dezember 83 Jahre alt geworden wäre, war von 1977 bis 1984 Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Von 1988 bis 1993 führte er die Bundes-FDP. In der deutschen Regierungsgeschichte ist sein Name eng mit der "Wende" von der sozial-liberalen Regierung Helmut Schmidts zur schwarz-gelben Koalition von Helmut Kohl verbunden.

In den 80er Jahren überschattete die Flick-Parteispendenaffäre die Karriere des langjährigen Bundestagsabgeordneten. Es ging um den Vorwurf, die Zustimmung des Lambsdorff-Ministeriums zu einem Millionen-Steuererlass für den Flick-Konzern sei von einer Konzernspende unter anderem an die FDP beeinflusst worden. Lambsdorff trat 1984 wegen der Affäre als Minister zurück. Er wurde 1987 wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Für Kanzlerin Merkel hat Lambsdorff "die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland lange Jahre hindurch ordnungspolitisch geprägt und reiht sich ein in die Reihe der großen Persönlichkeiten unserer sozialen Marktwirtschaft". Auch jenseits der Tagespolitik habe Lambsdorff in sensiblen Fragen wie der deutschen Entschädigung der Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkrieges bleibende Maßstäbe gesetzt, erklärte die CDU-Vorsitzende in Berlin.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte, die Partei verliere einen "ihrer wichtigsten Wegweiser der vergangenen Jahrzehnte" und ein Vorbild. Er hob "programmatische Klarheit" und "kantige Unerschütterlichkeit" als Lambsdorffs Eigenschaften hervor. Der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt sprach vom "großen Verlust eines überragenden Mannes". Auch die FDP-Minister im Kabinett, Rainer Brüderle (Wirtschaft), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz) und Dirk Niebel (Entwicklung), würdigten seine Verdienste.

Lambsdorff Stimme hatte in der deutschen Politik bis zuletzt politisches Gewicht. Der "Marktgraf" galt als unbedingter Verfechter der freien Marktwirtschaft und als scharfer Analytiker mit markiger Rhetorik. Das "Lambsdorff-Papier" läutete 1982 den Koalitionswechsel der FDP von der SPD zur Union ein. Die Flick-Spendenaffäre schadete ihm in seiner Partei nicht - danach war er für über fünf Jahre FDP- Bundesvorsitzender.

SPD-Kanzler Gerhard Schröder beauftragte ihn 1999 damit, die Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern zu führen. Das Verhandlungsgeschick Lambsdorffs in den diffizilen Gesprächen mit Anwälten und Verbänden der Opfer fand hohe Anerkennung. Die internationalen Verbindungen, die Lambsdorff auch als Vorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung hatte, halfen dabei.

Dem Vernehmen nach ging es Lambsdorff zuletzt gesundheitlich immer schlechter. Der FDP-Politiker sei "von seinen vielfältigen Leiden erlöst worden", teilte sein Büro mit. Nach Angaben des früheren Außenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) soll auf Wunsch von Lambsdorff eine Trauerfeier im Dom der Stadt Brandenburg an der Havel stattfinden, wo dieser viele Jahre als Domherr diente. Genscher würdigte in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung seinen "politischen Weggefährten" und "verlässlichen Freund" Lambsdorff.