Albtraumhaft und furchterregend die Maske, doch freundlich der Teufel: bei der Fasnacht ist vieles nicht so wie es scheint Foto: Horst Rudel

Beim Fasnetumzug am Samstag säumen tausende Besucher die Strecke. Guggenmusiken und ausgefallene Kostüme sorgen für gute Laune. Doch Fasnacht ist mehr als Halligalli. Und am Ende wird für manche die Hölle zum Paradies.

Wernau - Hautzi bautzi auf die Pauke hautzi?“ Für Wernauer Ohren klingt beim Samstagsumzug der traditionelle Narrenruf der beim Samstagsumzug zahlreich mitmarschierenden befreundeten Narren aus Neuhausen hie und da noch etwas ungewohnt. Doch haben Frischlinge während der circa anderthalb Stunden dauernden närrischen Parade ausgiebig Zeit zum Üben. Gefühlte 120 Mal schallt der Narrenruf der Rotenhäne via Lautsprecher durch die Straßen Wernaus.

Wernau wird an diesem Tag zu Schlumpfhausen

„Achtung, Achtung, liebe Leut’, der Umzug beginnt, es ist so weit.“ Gleich an dritter Stelle marschiert die örtliche Stadtkapelle, die man an diesem Tag wegen ihres Outfits mit blauem Kostüm und weißer Mütze nicht mit Wernau, sondern mit einem ganz anderen Ort in Verbindung bringt. Hätten die tausende von Menschen entlang der Umzugsstrecke wie einst Vader Abraham in der ZDF-Hitparade von Dieter Thomas Heck singend gefragt: „Sagt mal, von wo kommt ihr denn her?“ Dann hätte die Antwort vielstimmig gelautet: „Aus Schlumpfhausen, bitte sehr!“

Die musikalische Vielfalt ist einmal mehr ebenso bunt gewesen wie die Kostümierungen der Umzugsteilnehmer und der Besucher der Wernauer Fasnet. Nicht fehlen durften natürlich diverse Guggenmusiken, die in den vergangenen 20 Jahren landauf landab wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Stellvertretend sei hier die Gruppe „Notetrampi“ erwähnt, die den weiten Weg von der Schweiz an den Wernauer Neckar nicht gescheut hat. Eine wesentlich kürzere Anfahrt hatten da die Trommlerinnen von Samba Batu aus Neuhausen. Mit südamerikanischer Spielfreude trugen die Filder-Mädel ihren Teil zur guten Umzugslaune bei. Und wenn nicht beim Samba-Trommelwirbel, wann dann wäre es wieder höchste Zeit gewesen für ein fröhliches „Hautzi bautzi“?

Narren halten die Tradition am Leben

Begleitet hat den Umzug am Mikrofon Rita Zink. Die Ehrenvorsitzende der Wernauer Narren ist längst eine Institution und ein wandelndes Geschichts- und Geschichten-Lexikon.

Im Video hat sie uns Fragen rund um die Wernauer Fasnet beantwortet.

Ihr ist es wichtig, dass bei allem Fez bei den Menschen das Bewusstsein für das Brauchtum lebendig bleibt. Vor wenigen Tagen erst war sie mit einer Abordnung aller fünf Wernauer Maskengruppen und der Guggenmusik in den örtlichen Kindergärten und bei den Erstklässlern, um Basiswissen zu vermitteln.

Mit ihren Schellen wollen die Narren seit altersher den Winter vertreiben, lernten die ABC-Schützen. Und was hat es beispielsweise mit der Figur des „Brotloibles“ auf sich? Einer Überlieferung zufolge soll einst ein Gefangener im Verlies des Schlosses von Pfauhausen geschmort haben. Eingebacken in drei Brotlaibe gelang ihm schließlich die Flucht.

Ein guter Geist schenkt einem Kätzchen ein Bonbon

Teils sehen die Masken beim Umzug ganz schön gruslig aus – allen voran die Hexen wecken kein Vertrauen. Nicht viel freundlicher sehen die Brühlbärbel aus Mittelstadt aus. Doch Rita Zink gibt Entwarnung: „Das sind keine Hexen, sondern gute Goischter.“ Ein als Katze verkleidetes Mädchen, das erst geflüchtet ist, kehrt zögerlich zurück und nimmt von einem dieser guten Geister ein Bonbon entgegen. Am Ende kann auch der Begriffstutzigste den Neuhausener Narrenruf aus dem Effeff: „Auf die Pauke haut’se - Bauze, Bauze!“ Den Wernauer: „Hecka, Heala! - Hoi, hoi, hoi!“ kennt hier sowieso jedes Kind. Viele gehen nun nach Hause, andere zieht es in die „Hölle“. So heißt die Fasnets-Bar beim Alten Rathaus. Wer dort hin geht, fühlt sich einmal pro Jahr im Paradies.