Gemeinsam mit den Kindern forderte Geizig Andreas Mäule von den Einzelhändlern in der Marktstraße Süßes. Foto: Sebastian Gall

Sowohl beim Geizigrufen als auch beim Kinderumzug tobten gestern die kleinen Narren durch die Altstadt. Währenddessen begrüßten die Kübler OB Fritz Kuhn und den ehemaligen Ersten Bürgermeister im Kleinen Rathaus.

Bad Cannstatt - Narri, Narro, Ahoi. Neben dem Kübler-Schlachtruf, der durch die Gassen schallte, haute die Lumpenkapelle auf die Pauke und die Felben waren mit ihren Rätschen unterwegs. Endspurt bei den Narren, die am Dienstag nochmals durch die Altstadt-Gassen zogen. Hunderte von Kindern waren zunächst mit dem Geizig Andreas Mäule in der Marktstraße unterwegs und forderten von den Einzelhändlern lautstark Bonbons ein. Am Nachmittag fand dann traditionell der Kinderumzug statt. Heiß her ging es einmal mehr auch im Kleinen Rathaus. Dort durften die Kübler Oberbürgermeister Fritz Kuhn aus dem verfeindeten Stuttgart begrüßen. Ob er mit dem Schnellbus den Weg über den Neckar gefunden hatte?

Schelte für den Expressbus

Wir wissen es nicht. Fakt ist: Er traf pünktlich wie die Maurer mit seiner Gattin Waltraud Ulshöfer im Kleinen Rathaus ein. „Der X 1 ist so ein Bus, der natürlich voller werden muss. Doch nicht zu früh stell Gutes ein, das muss uns eine Lehre sein.“ Mit seiner gereimten Brandrede für den Gepard fand er im Kleinen Rathaus keine Freunde. „Der Bus sieht aus wie eine Giraffe“, ätzte Oberkübler Steffen Kauderer. Warum? „Alle Autofahrer, die wegen dem Bus im Stau stehen, haben sooo einen Hals.“ Eines musste man dem wackeren Fritz Kuhn hoch anrechnen. Obwohl er so ziemlich jeden Reim wiederholte, hatte er viele Lacher auf seiner Seite. „Kotz und Körner, die beiden Knaben, tun sich zur Zeit am Machtrausch laben. Doch der Hund, der zu laut bellt, der wird vom Wähler kalt gestellt.“ Keine Frage, vor den Kommunalwahlen ein Warnschuss für CDU-Frontmann Alexander Kotz und seinem SPD-Kollegen Martin Körner.

Keine Polit-Promis

Apropos Wahljahr: Sobald Bürger zur Urne gebeten werden, zeigen sich normalerweise auch Narren namens Hinz und Kunz im Kleinen Rathaus. Auch 2019? Nein, kein Polit-Promi, sondern nur die üblichen Verdächtigen wurden gesichtet, als Andreas Zaiß wieder Wein und Bratwürste mit Kartoffelsalat servierte – zum Nulltarif. Gesichtet wurde am Fasnetsdienstag auch ein Sonntag namens Christoph. Doch der wollte keinem Büttenredner die Show stehlen. Uneigennützig machte er Platz und gleichzeitig Werbung für seine Comedyshow in Fellbach in einer Woche: „Herr Kuhn, kommen Sie doch einfach vorbei – dann tut’s auch weniger weh“.

Da sag noch einer, die Kübler wären nachtragend: Obwohl ihr Cannstatter Bub Michael Föll als geiziger Stadtkämmerer für das verhasste Stuttgart gearbeitet und sie immer nur mit fiesen Sprüchen geärgert hatte, gab’s für den neuen Ministerialdirektor im Kultusministerium ein Präsent. „Eine Schultüte für den neuen Oberlehrer“, so Steffen Kauderer. Neben den obligatorischen süßen Inhalt gab’s – typisch Kübler – auch noch Saures. Ferrum forte in Pulverform. „Das hilft gegen Eisenmangel am neuen Arbeitsplatz.“

Viel Spaß hatten im Kleinen Rathaus auch Carsten Strähle (Hafen-Chef), Rudolf Zeisl (Volksbank-Vorstand), Neustudent und Dekan Eckardt Schultz-Berg, Klaus Lang (Ex-Finanzbürgermeister), Thomas Fuhrmann (designierter Finanzbürgermeister), Achim Barth (GHV) und viele mehr.

Bierverbot für Bezirksvorsteher

Am Montagabend musste sich indes Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler bereits zum dritten Mal vor dem närrischen Tribunal verantworten. Der Grund: Seit dem Rathaussturm und der damit verbundenen Entmachtung des Cannstatter Bezirksvorstehers am Schmotzigen Donnerstag hatten die Narren das Sagen in Bad Cannstatt. Nun warfen ihm die Kübler vor, trotz Zwangsbeurlaubung in seine Amtsstube zurückgekehrt zu sein. Eine nicht zu vergebende Tat.

Erster Ankläger war Büttel Wolfgang Pfeffer: „Der Schultes hat’s gwogt, in sei Rathaus zrick zu kehre und das muss man dem verwehre!“ Löffler versuchte sich aus einem Fenster des Verwaltungsgebäudes heraus, gegen die Anschuldigungen zu wehren. Er beteuerte, kein schlechtes Gewissen zu haben, weil er etwas Wichtiges vorbereiten musste. Für das närrische Tribunal – das dieses Jahr aus Oberkübler Steffen Kauderer, Marcus Zaiß und Panajotis Delinasakis bestand – war diese Verteidigung allerdings nur heiße Luft. Unter lauten Buhrufen des Publikums wurde Löffler dann vom Büttel mit Handschellen aus dem Gebäude und vor das Gericht gezerrt. Dort wollte er sich noch weiter verteidigen, aber die Richter blieben hart. Der Geheimdienst hatte gesehen, dass in der Amtsstube von Schultes Löffler seit Donnerstag oft das Licht gebrannt hatte. Unwiderlegbare Beweise, die letztendlich auch zur Verurteilung führten. Die Strafe: Dem Angeklagten wurde es verboten sein geliebtes Weizenbier zu trinken. Stattdessen wurde er zu einem Viertele Riesling verdonnert. Er nahm die Strafe nach kurzem Zögern dann auch an. „Ich tret ab! Auf eine glückselige Fasnet“, sagte er nach dem Schuldspruch – wahrscheinlich, um die aufgebrachten Kübler zu besänftigen und sich wieder mit ihnen zu versöhnen.