Die Fashion Week verabschiedet sich aus Berlin. Foto: dpa/Jens Kalaene

Sie war ein Aushängeschild für Glamour und „arm aber sexy“: Die Fashion Week setzte Berlin wieder auf den internationalen Modekalender. Nun zieht die Messe nach Frankfurt. Was lief schief?

Berlin/Frankfurt/Main - Eine zentrale Veranstaltung der Berliner Modewoche zieht nach Frankfurt, die Stadt verliert eine ihrer bekanntesten Messen - und einiges an Glamour. Vom kommenden Sommer an soll die Premium-Messe, eine der wichtigsten Veranstaltungen der Berliner Fashion Week, in Frankfurt stattfinden, wie die Premium Group am Montag bekannt gab. „Die Fashion Week und das Format Fashion Week wird neu gedacht werden müssen“, sagte Geschäftsführerin Anita Tillmann. Frankfurt sei „ein neuer, unverbrauchter Standort“.

„Die Karawane zieht weiter“, sagte Tillmann der Deutschen Presse-Agentur, die Modebranche lebe vom Wandel. „Wir haben keine „bad feelings“ für Berlin“. Frankfurt biete als Standort zahlreicher Textilmessen andere Perspektiven. Im Januar 2021 werde die Premium ein letztes Mal in Berlin stattfinden.

Das hängt noch dran

Zusammen mit der Fashion Week ziehen auch die Händlermesse Seek, die Plattform Neonyt für nachhaltige Mode sowie die Konferenzen FashionSustain und FashionTech an den Main. „Damit wird die Wirtschaftsmetropole Frankfurt zum neuen Hotspot der Fashion- und Lifestyleszene und zur neuen internationalen Fashionmetropole“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). „Die Realisierung einer Frankfurt Fashion Week bietet für die Stadt Frankfurt eine einmalige und internationale wirtschaftliche Chance.“

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) erklärte, die Corona-Pandemie verschärfe die ohnehin angespannte Situation der Modewirtschaft. „Dass geschäftliche Entscheidungen stark durch finanzielle Anreize motiviert sind, ist in solch schwierigen Zeiten nachvollziehbar, der Wegzug der Premium für Berlin ist dennoch bedauerlich.“

Zweimal im Jahr ausgetragen

Die Berlin Fashion Week finde weiterhin statt, man sei mit den anderen Beteiligten im Austausch über die künftige Ausrichtung. Pop sprach sich gleichzeitig für einen Runden Tisch zum Neustart des Messe- und Kongressgeschäfts nach Corona aus, um mit der Wirtschaft zukunftsfähige Perspektiven zu diskutieren.

Die Fashion Week hat zuletzt zweimal im Jahr stattgefunden. Noch im Januar war sie in Berlin über die Bühne gegangen, 70 000 Besucher wurden erwartet. Mit dabei sind immer zahlreiche Designer, die ihre neuen Entwürfe zeigen, und viel Prominenz.

Berlin im Pech

Mit Messen hatte Berlin in diesem Jahr kein Glück. Erst scheiterte die Hauptstadt daran, die Internationale Automobil-Ausstellung an die Spree zu holen, die in Berlin nicht nur Befürworter hat. Die wichtige Autoschau wechselt nun von Frankfurt nach München. Dann fielen wichtige internationale Leitmessen der Corona-Krise zum Opfer: Die Internationale Tourismus-Börse (ITB) und die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) wurden abgesagt. Die Internationale Funk-Ausstellung (IFA) kann im September nur stark reduziert stattfinden.

Auch im kurzlebigen Modegeschäft konnten sich in Berlin nicht alle Messen halten. Die Bread & Butter lief lange parallel zur Fashion Week und zog Tausende Besucher in den früheren Flughafen Tempelhof. Als die Messe in die Insolvenz rutschte, sicherte sich 2015 der Modehändler Zalando die Markenrechte. Seit 2018 hat es aber keine Bread & Butter mehr gegeben.

Bedeutender Standort der Branche

Die Berliner CDU sprach von einem empfindlichen Rückschlag für die Mode-Stadt Berlin. Mit 3100 Betrieben, 25 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 6,3 Milliarden Euro im Jahr zähle Berlin bundesweit zum bedeutendsten Standort der Branche. „Die Entscheidung ist gleichzeitig eine Ohrfeige für Grünen-Wirtschaftssenatorin Pop“, erklärten der wirtschaftspolitische Sprecher, Christian Gräff, und der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Goiny.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Sebastian Czaja, sagte, der Verlust sei fatal für eine Stadt, die von ihrer Kreativszene lebe. „Rotrotgrün lässt den Standort konsequent ausbluten, erklärte der AfD-Wirtschaftsexperte Christian Buchholz.

Corona-Krise verschärft Konkurrenz

Der Geschäftsführer der Berliner Tourismusgesellschaft, Burkhard Kieker, sagte, der Weggang sei nicht schön, er sehe aber keinen Grund für den „reflexhaften Abgesang“ auf Berlin. Die Corona-Krise habe die Konkurrenz um Messen verschärft. Frankfurt habe die IAA an München verloren, „den Rest kann man sich denken“.

Premium-Chefin Tillmann betonte, ihr Unternehmen habe kein Geld für den Wechsel nach Frankfurt erhalten. Vielmehr wollten die Main-Metropole und das Land Hessen in den kommenden drei Jahren zehn Millionen Euro in die Modemesse investieren.

Zufriedenheit in Hessen

Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) zeigte sich hoch erfreut über den Umzug. Die künftige Frankfurt Fashion Week sei für den Messestandort Frankfurt von großer wirtschaftlicher Bedeutung. „Das ist ein wichtiges und positives Signal für eine von den Folgen der Corona-Pandemie gebeutelte Branche“, sagte er.

Der Geschäftsführer der Messe Frankfurt, Detlef Braun, sagte: „Fünf Plattformen, drei Messen, zwei Konferenzen, über 2000 Designer, Brands und Modeunternehmen – die Frankfurt Fashion Week wird zu einem hochgradig attraktiven und relevanten Standort für das internationale Modebusiness.“ Das Konzept für die neue Fashion Week in Frankfurt soll im Herbst vorgestellt werden.