Noch gibt er sich demonstrativ siegessicher, der Wernauer Schultes Armin Elbl. Foto: /Rudel

Die Narren enterten die Rathäuser in Wernau und Neuhausen und schickten die Regenten in den Zwangsurlaub. Grundlage der Entmachtung waren lange Sündenregister und leere Versprechungen.

Wernau/Neuhausen - Spätestens seit Donnerstag ist es raus – und es ist fürwahr ein Graus: Ausgerechnet die Fasnetshochburgen im Kreis sind in Wahrheit Niederungen des Unvermögens und des Unverstands, des Schlendrians und der Schlamperei. Ob in Wernau oder in Neuhausen auf den Fildern, hat sich am Schmotziga Doorschdich ein Sumpf aufgetan, der zum Himmel schreit. Höchste Zeit also, dass die Retter und Rächer im Narrenhäs dem Spuk ein Ende machten und beim Rathaussturm den Drahtziehern in den Beamtensilos gnadenlos den Zahn zogen.

In Wernau ist Schultes Armin Elbl fällig, doch noch am späten Vormittag wirkt vor dem Quadrium alles friedlich. Die Narrenzunftvorsitzende ehrenhalber, Rita Zink, bringt bei Schülertanz und Schülergesang ihre unverwüstliche Schwertgosch in Stellung, dabei assistiert ihr – immer noch a bissle verzagt wirkend – Marcel Reith, ihr Nachfolger in der Zunftmeisterrolle. Der Platz vor Altem und Neuem Rathaus wimmelt vor Sträflingen und Piraten, Marienkäfern und Giraffen, gar einem 16-jährigen Leutnant der Nationalen Volksarmee in voller Montur sowie einem Haufen quirliger Kids. Und in der Hölle genannten Rathausgarage löffeln die Hungrigen bei schummrigem Licht ihre Narrensuppe.

Verrisse auf den Wernauer Bürgermeister

Kaum dass draußen dann der Narrenbaum vollends steht, gehen der Schultes und als Ankläger Till alias Siggi Großmann in die Bütt. Till schickt von seiner Stellage vor dem Quadrium per Mikro seine gesammelten Verrisse schräg nauf zum alten Rathausbalkönle, wo Armin, der Große, astrein gewandet im Stile eines Robin Hood, seine verbalen Pfeile nach unten lenkt.

Geht man nach Tills tragenden Tiraden, dann gibt sich Elbl in Wernau allzu großen Entwürfen hin, will die Bodenbachkommune gar zum touristischen Glanzlicht aufpolieren und packt seine Visionen solchermaßen in Worte: „Dr ganze Flecka wird zur Flaniermeil’ erklärt, E-Scooter ond Drahtesel isch dann älles, was fährt.“ Damit, so Armin Elbl, könne man dann auch das Parkhausprojekt begraben, das nach Tills Einschätzung sich sowieso als unendliche und zudem horrend teure Geschichte abzeichnet.

Auch das frühere Postgebäude, bei dem es offenbar keinen Ruckler tut, reitet der von der Entmachtung bedrohte Stadthäuptling Elbl sein touristisches Steckenpferd: „I hätt’ dô a Freilicht-Museumsidee. Oder als Frequenzbringer en Shop für Abführ-Tee ?“ Eine Sache, die indes auch von Elbls Kritikern als dringlich eingestuft wird, ist ein Klo am Bahnhof. Herausgekommen ist allerdings aus Kostengründen bloß eine nette Toilette – in der Kneipe oder im Bücherladen, wie es heißt. Dazu fällt dem Till ganz unnett nur dies ein: „Mir wünschad Dir Dünnschiss ond a ganz schwaches Bläsle, vor ra geschlossena Klotür, ond dann spreng no wie’s Häsle.“ Es kam dann, wie’s kommen musste: Robin Hood ließ sich in der Schandgeig abführen – und in Schoklad aufwiegen.

Hexentanz in Neuhausen

Die Neuhausener hatten am Donnerstag ihren Schultes Ingo Hacker noch einen halben Tag länger als die Wernauer, aber auch dann war auch hier Schluss mit der selbstherrlichen Ein-Mann-Show. Angeführt von Narrenbund-Präsident Ronald Witt und Zunftmeister Heiko Allgaier gab es erste Übergabeverhandlungen mit dem Rathauschef, dann aber half alles nichts: Hexen und Rotenhäne enterten den Verwaltungskreuzer und führten den Schultes ab. Hacker hatte sich als Lehrer Lämpel verkleidet, um angeblich zwei Schulleiterinnen zu ersetzen. Der traditionelle Hexentanz beendete dann die Abdankungsprozedur.