Die Bergung des verdächtigen Metallgegenstands beim Holzheizkraftwerk im dichten Schneetreiben. Foto: factum/Bach

Großer Aufwand für ein paar Metallstücke: Die abgeblasene Evakuierung der Südstadt in Ludwigsburg hat für die Rettungskräfte auch einen Vorteil: Ein großer Krisenfall ist in Echtzeit vorbereitet worden.

Ludwigsburg - Dichtes Schneetreiben, die Temperaturen halten sich konstant unter dem Gefrierpunkt. Eine Woche wurde auf diesen Moment hingearbeitet, nun hebt ein Bagger der Spezialfirma Zimmermann aus Thüringen eine quadratische Grube aus. Meter um Meter frisst sich die Schaufel ins lehmige Erdreich. Später wird mit Spaten gegraben, um die vermeintliche Bombe nicht versehentlich zur Detonation zu bringen. Um 15 Uhr ist klar: Keine Bombe, keine Gefahr, keine Evakuierung.

„Es handelt sich um Schrott“, sagt der für seinen trockenen Humor bekannte Bomben-Entschärfer Mathias Peterle. Möglicherweise ein Blecheimer mit Metallteilen darin. Die Objekte sollen jetzt untersucht werden. Wie sie ins Erdreich gelangt sind, können sich weder der Hausherr, Stadtwerke-Chef Bodo Skaletz, noch die Stadt erklären.

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Experten verteidigen den riesigen Aufwand

Damit ist auch der im großen Stil erstellte Krisenplan für Samstag hinfällig. War der riesige Aufwand mit 500 Einsatzkräften, 95 Polizisten, Infokampagnen und der Vorbereitung von Notunterkünften notwendig? „Eine genauere Diagnose war im Vorfeld nicht möglich“, erklärt Peterle.

Die Spezialfirma Zimmermann sei mit ihrer Messungssonde wohl direkt auf das Metallstück getroffen – dementsprechend stark hätten die magnetischen Sensoren ausgeschlagen. Die Lage in sechs Metern Tiefe und die Nähe zur Bahnlinie, die im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde, hätten den Verdacht genährt. Stephan Zimmermann, der Chef der gleichnamigen Firma, bezifferte die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Sprengsatz handeln würde, am Vormittag auf 25 Prozent.

Kamerateams und Radiosender schauen vorbei

So steht Ludwigsburg jedenfalls einen Tag lang im Zentrum des Medieninteresses, zahlreiche Kamera- und Reporterteams beobachten die Grabungen auf dem Gelände. Dort soll die „größte Solarthermieanlage Deutschlands“ entstehen, wie Oberbürgermeister Werner Spec mit seiner Freude an Superlativen erklärt. Ein großer Wärmespeicher ist geplant, im März sollen die Bauarbeiter anrücken.

Die rostigen Stücke stehen dem jedenfalls nicht entgegen. „Ich bin froh und erleichtert“, erklärt Spec. Die Vorbereitungen, um 3000 Menschen in der Südstadt in Sicherheit bringen zu können, habe aber gezeigt, dass man solche Krisenfälle bewältigen könne. Darin erkennt auch der Feuerwehrchef Ben Bockemühl einen positiven Effekt der nun abgeblasenen Großaktion. „Unsere Notfallpläne funktionieren und greifen ineinander“, sagt er bei einer Pressekonferenz im Rathaus am Nachmittag.

Bewährungsprobe für den neuen Feuerwehrchef

Für ihn ist es die erste Bewährungsprobe: Bockemühl führt die in Ludwigsburg früher zerstrittene Feuerwehr erst seit September – und ist zugleich Leiter des neu geschaffenen Fachbereichs Feuerwehr und Bevölkerungsschutz im Rathaus. „Es zeigt sich, dass die Kooperation der Rettungskräfte klappt“, sagt Bockemühl. Und der Vize-Bürgermeister Konrad Seigfried verweist darauf, dass solche Evakuierungen nur höchst selten geübt werden.

„Zuletzt war das vor zehn Jahren der Fall, aber nur am Schreibtisch“, sagt Seigfried. Doch nun wurde der „Echtfall“ vorbereitet, und bis auf ein paar fehlende Updates bei Laptops und veraltete Karten hat alles reibungslos funktioniert.

Die Kosten muss die Stadt bezahlen

Die Kosten für die großdimensionierte Vorbereitung trägt die Stadt alleine. Wie hoch diese sind, kann man im Rathaus am Freitag noch nicht beziffern. „Wir haben eine Deckungsreserve für solche Fälle“, erklärt Werner Spec, „unser Haushalt ist zum Glück solide finanziert.“ Nun muss der Krisenstab in der Feuerwache Marienstraße wieder abgebaut werden, was einige Tage in Anspruch nehmen wird. Der Feuerwehrchef Bockemühl nimmt das Abblasen der Räumung mit Humor: „Wir sind auch froh über einen freien Tag am Samstag.“

Auch in den sozialen Medien wird nach dem glimpflichen Ausgang gewitzelt. „Da wollte wohl jemand keine Kehrwoche machen... “ meint ein Facebook-Nutzer. „So viel Panik über ein Stück Blech“, sagt ein anderer, und fragt: „Sind das Löffel?“