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Nach einem Justizirrtum wird mysteriöser Fall neu aufgerollt – Wie ist Rudolf R. gestorben?

Landshut - Ein erschlagener Bauer, verfüttert in Einzelteilen an Dobermänner? Mit diesen falschen Details muss sich das Landgericht Landshut erneut beschäftigen. Denn eins ist klar: Die Anklage aus dem Jahr 2005 ist falsch. Denn inzwischen ist die Leiche des Mannes gefunden.

Er soll von seiner eigenen Familie getötet und an die Hunde verfüttert worden sein, doch dann wurde die unversehrte Leiche des Bauern Rudolf R. in seinem Auto aus der Donau gezogen. In Landshut wurde daher am Mittwoch der Prozess gegen die bereits im Jahr 2005 verurteilte und damals geständige Witwe, die beiden Töchter und einen Freund wieder aufgenommen. Ihre Verteidiger wollen für die Beschuldigten aus Oberbayern Freisprüche erwirken. Doch zum Prozessauftakt schwiegen die vier. Bereits nach rund einer halben Stunde wurde die Verhandlung auf Donnerstag vertagt.

Die Angehörigen des Mannes und der Freund der älteren Tochter erhielten 2005 vom Landgericht Ingolstadt mehrjährige Haftstrafen.

Sie hatten die Tat sogar gestanden. Als im März 2009 die vollständige Leiche des Mannes nahe der Donau-Staustufe bei Bergheim geborgen wurde, war klar, dass die früheren Annahmen und auch die einstigen Geständnisse zum großen Teil völlig aus der Luft gegriffen waren.

Die genaue Todesursache des Landwirtes ist bislang noch unklar.

"Das Urteil ist obsolet", betonte der Vorsitzende Richter der Jugendkammer, Theo Ziegler, zum Auftakt des neuen Prozesses. Die Beschuldigten, inzwischen alle frei, könnten auch keinesfalls zu härteren Strafen als vor fünf Jahren verurteilt werden. Dennoch begann die Wiederaufnahme mit der Verlesung der fehlerhaften Anklage vom Juni 2004, in der noch vom Verfüttern der Leiche die Rede ist.

Laut dem Papier sollen die von den Hunden abgenagten Knochen im Misthaufen vergraben worden sein. Zuvor habe der Freund den angetrunkenen Bauern mit einem Vierkantholz niedergeprügelt, die drei Frauen sollen dann auf den 52-Jährigen eingetreten haben. Ihm sei zudem mit einem Zimmererhammer der Schädel eingeschlagen worden.

Diese Anklageschrift müsse trotz der inhaltlichen Fehler "formaljuristisch" Grundlage des Verfahrens bleiben, sagte Richter Ziegler. Den Verteidigern geht es insbesondere darum, dass in dem Verfahren aufgedeckt wird, unter welchen Umständen ihre Mandanten den Totschlag des Bauern samt der angeblichen brutalen Entsorgung bei der Kripo zugegeben haben.

"Ohne erheblichen Druck kommt so was nicht zustande", sagte Anwältin Regina Rick. "Es ist schon ein Skandal, wie die Ermittlungen damals gelaufen sind." Zudem hätten die Ermittler ihrer Ansicht nach damals einzelne Aussagen der Verdächtigen immer weiter getragen und so die Theorie des "verfütterten Bauern" quasi selbst kreiert.

Die Kammer wird sich nun, nachdem die Angeklagten schweigen, zunächst mit der Bergung des Autos des 52-Jährigen samt Leiche beschäftigen. Dazu sollen am Donnerstag die Polizeibeamten, die an der Aktion beteiligt waren, als Zeugen gehört werden. Das in der Donau entdeckte Skelett hatte keine Kopfverletzungen, die genaue Todesursache des Landwirtes ist bislang noch unklar.

Das Gericht hat für den Prozess noch 32 weitere Verhandlungstage eingeplant. Ein Urteil wird frühestens im Februar 2011 erwartet.