In einer Radiologie-Praxis in Köln hat sich ein 84-Jähriger mit einem gefährlichen Keim infiziert – und ist später gestorben. Foto: Benjamin Ulme

Ein 84-Jähriger hat sich in einer Radiologie-Praxis in Köln mit einem gefährlichen Erreger infiziert. Wenig später starb er. Kann die Infektion die Ursache sein? Und wie kann es zu solch einem Fall kommen?

Köln - In einer Kölner Radiologie-Praxis ist es zu einem Ausbruch eines gefährlichen Krankheitserregers gekommen. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob der Tod eines 84-jährigen Rentners auf eine Infektion mit dem Bakterium zurückzuführen ist. Untersucht wird demnach auch, ob 28 ebenfalls erkrankte Patienten sich in der Praxis ebenfalls mit dem Erreger Pseudomonas aeruginosa infiziert haben. Die Betroffenen seien an Hirnhautentzündung erkrankt.

Die genaue Ursache für die Infektionen ist bislang noch ungeklärt. Experten des Kölner Gesundheitsamts gehen davon aus, dass sich die Patienten im Frühjahr dieses Jahres bei Injektionen im Bereich der Wirbelsäule mit dem Bakterium angesteckt haben.

Der Erreger Pseudomonas aeruginosa ist in der Umwelt weit verbreitet – und kommt etwa im Trinkwasser vor. Er zählt zu den häufigsten Krankenhauskeimen und kann unter anderem Lungenentzündungen sowie Harnwegs- und Wundinfektionen verursachen bis hin zu lebensgefährlichen Blutstrominfektionen – Sepsis genannt. Der Keim hat natürlicherweise einige Resistenzen, kann also manche antibiotische Wirkstoffe unschädlich machen. Infektionen mit dem Erreger sind daher mitunter schwer behandelbar.

Hygienefehler bei einem Eingriff können in solchen Fällen die Quelle sein

Zur Infektion benötigt der Erreger Experten zufolge meist eine Eintrittsstelle in den menschlichen Körper – etwa eine Wunde, einen Katheter oder Schläuche zur Beatmung. Gefährlich ist das insbesondere für immungeschwächte Patienten. Normalerweise – also außerhalb von Krankenhäusern oder Praxen – verursache der Keim aber keine Infektionen oder nur weniger schlimme Erkrankungen wie eine Außenohrentzündung, Hornhautentzündung des Auges oder Wundinfektionen.

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„Treten Infektionen mit dem Erreger in einer Arztpraxis wie berichtet auf, ist man geneigt, Hygienefehler bei dem durchgeführten Eingriff zu vermuten“, sagt Sören Gatermann, Leiter des Nationalen Referenzzentrums für gramnegative Krankenhauserreger an der Ruhr-Universität Bochum. Er gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft mögliche Quellen untersuchen werde. Sobald der Eingriff, nach welchem die Infektionen aufgetreten sind, unterlassen werde, bestehe für weitere Personen aber keine Gefahr mehr. „Wie viele andere Bakterien kann Pseudomonas aeruginosa Infektionen verursachen, wenn er in Regionen des Körpers – Gewebe, Blut, Liquor – gelangt, die normalerweise bakterienfrei sind“, sagt Gatermann. „Je nach Ort und Menge der eingebrachten Bakterien kann es dann unterschiedlich lange dauern, bis Krankheitszeichen auftreten.“

Multiorganversagen kann grundsätzlich die Folge einer Infektion mit den Bakterien sein

Der 84-jährige Mann hatte sich laut Oberstaatsanwalt Anfang des Jahres wegen Rückenproblemen in dem Medizinischen Versorgungszentrum in Köln behandeln lassen. Nachdem er eine Spritze bekommen hat, seien wiederholt Komplikationen aufgetreten. Nach einer Operation starb der Mann Mitte April an Multiorganversagen. Die Radiologie-Praxis hatte daraufhin selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Die Ermittlungen zu dem Fall stünden aber noch am Anfang, so der Oberstaatsanwalt. Auch das Gesundheitsamt sei unverzüglich nach Bekanntwerden des Falls eingeschaltet worden, so eine Sprecherin der Stadt Köln. Der ärztliche Geschäftsführer der betroffenen Radiologie-Praxis hat sich bislang mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht zu dem Fall geäußert.

„Zum konkreten Verlauf des verstorbenen Patienten kann ich keine Aussage treffen“, sagt Gerd Fätkenheuer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. „Infektionen mit Pseudomonas-Bakterien verlaufen aber grundsätzlich häufig schwer und können eine Sepsis oder einen septischen Schock hervorrufen. Ein Multiorganversagen ist eine typische Komplikation eines septischen Schocks.“ Auch eine Meningitis, also eine Hirnhautentzündung, sei immer eine schwere, ernst zu nehmende Erkrankung – auch wenn sie selten vorkomme, so Gerd Fätkenheuer, der die Infektiologie der Uniklinik Köln leitet. „Für die Behandlung sind eine frühzeitige Diagnose und der Einsatz effektiver Antibiotika von großer Bedeutung.“