Trotz glaubwürdiger Schilderung: In Waiblingen wurde ein Mann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Foto: dpa/Peter Steffen

Eine Syrerin heiratet, arrangiert über Facebook, einen Landsmann. Am Tag ihrer Ankunft soll sie von ihm zum ersten – und nicht zum letzten Mal vergewaltigt worden sein. Da objektive Spuren jedoch fehlen, wird der Mann freigesprochen.

Waiblingen - Ende September 2018 tauchte im Polizeirevier Winnenden eine 32-jährige Frau auf. Die Syrerin war in Begleitung einer Frau, die sich ihrer in Waiblingen angenommen hatte. Sie besaß wenig mehr als die Kleidung, die sie am Leib trug, konnte kein Deutsch und war offenbar in Not. Dem diensthabenden Polizisten – eine weibliche Beamtin war nicht aufzutreiben – erklärte sie, von ihrem Ehemann vergewaltigt worden zu sein. Am Montag, mehr als ein Jahr später, ist der Fall nun vor dem Amtsgericht Waiblingen verhandelt worden.

Wortreich und mit finsterer Miene verkündete der 40-jährige Ex-Gatte gleich zu Beginn des Prozesses, dass er die Scheidung nach islamischem Recht aussprechen wolle, falls er verurteilt werde. „Das ist mir relativ egal“, entgegnete ihm der Vorsitzende Richter Steffen Kärcher kühl – und ließ sich von dem Mann auch nicht ins Wort fallen: „Ich rate Ihnen auch, sich hier an die Spielregeln zu halten.“

Analsex gegen ihren Willen – „und gegen den Islam“

Schon die Umstände, unter denen die Ehe der beiden zusammengekommen war, blieben im Verfahren rätselhaft. Beide erzählten, sich „über Facebook“ kennengelernt und sich vor der Hochzeit nicht gekannt zu haben. Der Tag, an dem die Frau nach Deutschland kam und an dem sich die erste Vergewaltigung ereignet haben soll, sei das erste Treffen der beiden gewesen. „Sie wollte mich von Anfang an nicht“, war der Angeklagte überzeugt – und mutmaßte, deswegen wolle seine Frau ihm die Taten nur anhängen.

Deren Version, die zwei Polizeibeamte als „sehr glaubwürdig“ schilderten, sah freilich anders aus. Sie habe sich Mitte August für ihren Mann, der sie am Flughafen München abgeholt hatte, hübsch gemacht. „Ich dachte, ich hätte jemanden gefunden, der offen ist und verständnisvoll“, versuchte sie die Heirat mit einem Fremden zu erklären. Doch im neuen Zuhause, einer Flüchtlingsunterkunft in Waiblingen, sei er dann zudringlich geworden, obwohl sie von der Reise müde gewesen sei.

Nachdem sie sich doch überreden ließ, mit ihm ins Bett zu gehen, habe er sich ohne Ankündigung daran gemacht, auf eine nicht herkömmliche Weise in sie einzudringen – „ich schrie und wollte das nicht, es ist gegen den Islam“, beteuerte die Frau im Zeugenstand unter Tränen. Er habe sie dennoch überwältigt. Auch in den Tagen und Wochen danach habe er diese Sexpraktik immer gefordert. Rund vier Wochen später sei es wieder geschehen – und da sie wieder Nein sagte, habe er sie auf eine Operationsnarbe auf dem Bauch geschlagen und sie erneut vergewaltigt.

Warum das Gericht den 40-Jährigen freigesprochen hat:

Dass sich eine syrische Frau von ihrem Mann lossage und sich an die Behörden wende, sei sehr ungewöhnlich, erklärte die Kripobeamtin, die den Fall bearbeitet hatte. Sie und ein Kollege schätzten die Schilderungen als glaubwürdig ein. Dennoch sprach das Amtsgericht ihren Ex-Mann am Ende frei. „In Deutschland gilt der Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten“, erklärte Richter Kärcher. Objektive Spuren oder Beweise gebe es nicht – auch, weil die zweite mutmaßliche Vergewaltigung erst nach einigen Tagen angezeigt wurde und die Polizei medizinische Untersuchungen deswegen nicht veranlasst hatte. Der Richter gab auch – ohne der Frau direkt ein derartiges Motiv zu unterstellen – zu Bedenken, dass eine Verurteilung ihres Mannes ihr eigenes Asylverfahren positiv beeinflusst hätte. Die 33-Jährige muss nach dem Freispruch nicht nur ihre eigenen Kosten, sondern auch die Auslagen ihres Ex-Mannes bezahlen. Die Scheidung nach deutschem Recht läuft.