Twitter will sich nicht an die Regeln der EU gegen Fake News halten. Aus diesem Grund verlässt der Kurznachrichtendienst einen Verhaltenskodex gegen Desinformation. Foto: dpa/Mary Altaffer

Der Kurznachrichtendienst Twitter verlässt nach Aussagen der EU-Kommission den Verhaltenskodex gegen Desinformation.

Twitter-Eigentümer Elon Musk tritt gerne als Verteidiger der Meinungsfreiheit auf. Auch für den Kurznachrichtendienst setzt er offensichtlich auf eigene Regeln, weshalb Twitter nun aus dem EU-Abkommen gegen die Verbreitung von Desinformation im Internet austritt. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton schrieb in der Nacht zu Samstag auf Twitter, das soziale Netzwerk verlasse den freiwilligen EU-Verhaltenskodex. Der Franzose betonte aber, dass die Verpflichtungen bestehen blieben. „Man kann weglaufen, aber man kann sich nicht verstecken“, schrieb Breton.

Scharfe Kritik an Elon Musk

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser wirft Elon Musk „verantwortungsloses“ Verhalten vor. Auf Twitter schrieb sie am Samstag: „Desinformation, Lügen und Propaganda befeuern Hass und sind Gift für die Demokratie. Twitter trägt Verantwortung.“ Auch sie unterstreicht in ihrem Tweet, dass das Recht für alle Plattformen gelte und dass dieses Recht auch durchgesetzt werde.

Im Moment gilt die freiwillige Verpflichtung der Social-Media-Plattformen gegen Fake News vorzugehen. Ab dem 25. August treten dann allerdings etwa für Twitter gesetzliche Regelungen im Rahmen des sogenannten EU-Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) in Kraft. Damit soll unter anderem sichergestellt werden, dass Plattformen illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen. Die Vorgaben gelten grundsätzlich ab Mitte Februar 2024 in der gesamten EU - für besonders große Plattformen schon früher. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes. „Unsere Teams werden auf die Durchsetzung vorbereitet sein“, schrieb Breton am Samstag in seinen Tweet.

Mehrere Mahnungen aus Europa an Twitter

Es zeichnete sich allerdings schon seit Monaten ab, dass Twitter nicht bereit ist, den Vorgaben nachzukommen. Im Februar hatte die EU-Kommission Berichte darüber veröffentlicht, wie die großen Online-Plattformen die Regeln des freiwilligen EU-Verhaltenskodexes umsetzen. Die Plattformen zeigten in ihren Berichten unter anderem, wie viele Fake-Accounts erstellt und genutzt wurden oder wie sich Faktenchecks auf die Verbreitung von Desinformationen auswirkten. Schon damals wurde Twitter angemahnt, dass der Kurznachrichtendienst im Kampf gegen Desinformation hinter den anderen Anbietern zurückbleibe. Was eingereicht worden sei, habe nur wenig spezifische Informationen und keine zielgerichteten Daten enthalten, hieß es.

Für Thierry Breton ist es nicht das erste Mal, dass er sich an Elon Musk wendet. Er schien schon früh geahnt zu haben, dass es zu Problemen mit dem milliardenschweren Exzentriker kommen würde. Kurz nach dem Kauf des Kurznachrichtendienstes durch Musk richtete der EU-Binnenmarktkommissar - via Twitter - eine süffisant formulierte Botschaft direkt an den neuen Besitzer. Er betonte, dass sich jedes Unternehmen, sei es ein „Autohersteller oder eine Social-Media-Plattform“, an die in Europa geltenden Gesetze halten müsse.

Auch Elon Musk muss sich an Regeln halten

Damit erinnerte der Franzose daran, dass sich Elon Musk mit seinen Tesla-Fahrzeugen auch nicht über die strengen deutschen TÜV-Vorschriften hinwegsetzen kann. „Er kennt die europäischen Regeln im Automobilbereich und er wird sich schnell an den Digital Services Act anpassen.“

In den USA wird sehr genau beobachtet, ob die europäischen Regelungen tatsächlich Erfolg haben werden. Die Gesetzgeber in Washington haben bereits mehrere Male den Anlauf unternommen, dem Treiben im Internet gewisse Zügel anzulegen und zumindest die größten Auswüchse zu unterbinden. Das hat die Macht der US-Konzern bisher allerdings verhindert.