Die Koalition ringt um den besten Weg, Fahrverbote zu vermeiden – aber auch zu überwachen. Foto: dpa

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will Fahrverbote durch Kameras überwachen lassen. Die Sozialdemokraten erheben verfassunsgrechtliche Bedenken.

Berlin - Das Thema Fahrverbote löst weiter heftige Debatten in der Regierungskoalition aus. An diesem Donnerstag wird der Bundestag in erster Lesung über Vorschläge der Bundesregierung zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beraten, die auch für Stuttgart Auswirkungen haben. Vor der Debatte zeigt sich: Das Vorhaben von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Fahrverbote flächendeckend mit Kameras überwachen zu lassen und die Daten für sechs Monate zu speichern, stößt auf Widerstand bei der SPD.

„Euro-4-Fahrer sind keine Schwerverbrecher“

Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte unserer Zeitung, er habe gegen den Plan „schwerste verfassungsrechtliche Bedenken“. Fechner verweist darauf, dass das zu verhängende Bußgeld „keine 100 Euro und die Verjährungsfrist nur drei Monate“ betrage. Deshalb halte er den Verwaltungsaufwand für „völlig unverhältnismäßig und überzogen“. Fechner fordert den Verkehrsminister auf, die „Totalüberwachung“ zu stoppen. Seine Begründung: „Bei den Euro-4-Fahrern handelt es sich nicht um Schwerverbrecher, sondern um Leute, die schuldlos Fahrverbote aufgebrummt bekommen haben und ohnehin schon mit erheblichen Wertverlusten gestraft sind.“ Der SPD-Politiker weist darauf hin, dass bei der Vorratsdatenspeicherung, die für einen Katalog schwerster Straftaten gilt, die zulässige Speicherfrist nur zehn Wochen betrage. Tatsächlich hat das Ministerium hier Entgegenkommen angedeutet.

Mehr Ausnahmen bei Fahrverboten

Fechner kündigte an, dass die SPD im Bundestag auf eine Regelung dringe, „die flächendeckende Fahrverbote für ganze Stadtgebiete statt einzelner Straßen nicht mehr so einfach zulässt wie etwa gerade in Stuttgart“. Fechner nannte es „unverhältnismäßig“, Städte zu sperren, „wenn die Luftreinhaltung sich auch durch Straßensperrungen erreichen lässt“.

Das Gesetzespaket der Regierung sieht auch vor, dass künftig Fahrverbote bei Belastungen von 50 Mikrogramm Stickstoffoxid im Jahresmittel unverhältnismäßig sind. Der Grenzwert der EU liegt bei 40 Mikrogramm.

Auch wird es weitere Ausnahmen geben für Fahrzeuge der Euronorm 4 und 5. Wenn diese nicht mehr als 270 Mikrogramm ausstoßen, sollen sie künftig in Fahrverbotszonen einfahren können. Fechner will auch erreichen, „die Kosten der Nachrüstung den Autokonzernen aufzuerlegen“.